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Politik: "Nicht in der gewohnten Schärfe"

BERLIN .Wegen des Kosovo-Krieges kann nach Ansicht des CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble derzeit die "innenpolitische Auseinandersetzung nicht in der gewohnten Schärfe geführt werden".

BERLIN .Wegen des Kosovo-Krieges kann nach Ansicht des CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble derzeit die "innenpolitische Auseinandersetzung nicht in der gewohnten Schärfe geführt werden".Im Gespräch mit dem Tagesspiegel kündigte er an, daß dies auch Auswirkungen auf den Europawahlkampf der CDU haben werde.Man müsse bei der Anlage der Strategie die Frage stellen: "Paßt das zur Befindlichkeit der Menschen?" Diese Problematik werde auch den CDU-Parteitag, der am kommenden Wochendende in Erfurt beginnt, "in allen seinen Elementen" verändern.

Schäuble vertrat die Auffassung, daß die Bundesregierung "existentiell" auf die Unterstützung der Opposition angewiesen sei, weil sie sich der linken Flügel von SPD und Grünen nicht sicher sein könne.Er hoffe nicht, daß die Bundesregierung darauf spekuliere, davon zu profitieren, daß wegen des Krieges alle innenpolitische Fragen zurückträten.Die Meinungsumfragen belegten jedenfalls nicht, daß die Koalition damit Erfolg haben könne.

Der Konsens der politischen Kräfte zur Unterstützung der Regierungspolitik im Rahmen des NATO-Bündnisses dürfe jedoch "keine Einbahnstraße sein", forderte Schäuble.Deshalb schmerze ihn die "Arroganz der Macht", mit der die Bundesregierung nicht verstehen wolle, warum CDU und CSU dafür einträten, die Entscheidung über das neue Staatsbürgerschaftsrecht zu verschieben.Nachdem SPD und Grüne das Vorhaben aufgegeben hätten, die generelle doppelte Staatsbürgerschaft einzuführen, seien die sachlichen Unterschiede nicht mehr so erheblich, als daß ein "großer Konsens" nicht möglich wäre.

Regierung und Opposition seien sich einig, daß die schon lange in Deutschland lebenden Ausländer besser integriert werden müßten und daß in Deutschland geborenen Ausländerkindern kein Nachteil daraus erwachsen dürfe, daß sie die deutsche Saatsangehörigkeit nicht hätten.Es sei daher "unklug, mit Gewalt das Gesetz durchzuziehen".Die Verabschiedung der Regierungsvorlage in der parlamentarischen Haushaltswoche im Mai sei "absurd".Damit werde eine "große Chance für unser Land" verspielt.

Schäuble geht nicht davon aus, daß im Kosovo noch einmal ein "multi-ethnisches Zusammenleben" der verschiedenen Bevölkerungsgruppen möglich sein werde.Er wandte sich gegen eine Teilung der Region, geht aber davon aus, daß es nach dem Krieg jeweils homogene Siedlungsgebiete von Serben und Albanern geben werde.Dies sei auch in Bosnien zwischen Moslems, Kroaten und Serben kaum anders, argumentierte der CDU-Vorsitzende.Im übrigen sei in dem Balkan-Krieg auch den Serben viel Leid angetan worden.Sie hätten zum Beispiel nicht in die zu Kroatien gehörende Krajina zurückkehren können.Auch die Deutschen hätten erfahren müssen, daß es nicht möglich sei, alles Elend der Geschichte rückgängig zu machen.

Der CDU-Vorsitzende bekräftigte die Ablehnung der Entsendung von Bodentruppen in das Kosovo, die in einer Zahl von mehreren hunderttausend Mann Krieg führen sollten.Denkbar sei jedoch, daß Soldaten nötig seien, um die sichere Rückkehr der Flüchtlinge auch schon zu einem Zeitpunkt zu ermöglichen, da noch kein Friedensvertrag unterzeichnet worden sei, die Vereinten Nationen jedoch unter Beteiligung Rußlands einen entsprechende Beschluß gefaßt hätten.Dann liege der Einsatz von Soldaten am Boden in der "Logik der Parallelität von militärischem und politischem Bemühen", sagte Schäuble dem Tagesspiegel.

CARSTEN GERMIS, THOMAS KRÖTER

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