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Politik: Nicht mehr grün

Oswald Metzger verlässt die Partei – die Zeit dafür war reif, meinen viele seiner früheren Parteifreunde

Von
  • Robert Birnbaum
  • Matthias Meisner

Berlin - Dass seine Partei versucht hätte, ihn zu halten, kann man nicht so richtig sagen; ob er gehalten werden wollte, darf man bezweifeln. Zuletzt fanden beide Seiten, die Grünen wie ihr nunmehr Ex-Parteifreund Oswald Metzger, dass die Zeit für die Trennung reif sei. Das logische Ende eines „persönlichen und programmatischen Entfremdungsprozesses“, wie Metzger selbst das nennt, nachdem er seiner Landtagsfraktion in Stuttgart die Entscheidung mitgeteilt hat. Die Grünen-Spitze sieht es mindestens genauso. „Reisende soll man nicht aufhalten“, kommentiert Fritz Kuhn, Landsmann und Fraktionschef im Bundestag, den Abgang nach fast 21 Jahren.

Angefangen hat die Entfremdung keineswegs erst nach 2002, als Metzger in einer Kampfabstimmung unter den Südwest-Grünen um einen sicheren Listenplatz dem heutigen Europaabgeordneten Cem Özdemir unterlag. Schon in seiner Zeit im Bundestag 1994 bis 2002 war der Mann mit der markanten Brille, der sich selbst als „ordoliberalen Grünen“ bezeichnete, unter Parteifreunden oft umstrittener als im Rest des Parlaments. Noch am Dienstag klingt beim CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer ein Rest von Achtung vor dem ebenso wortgewaltigen wie fachlich beschlagenen Grünen durch: Der Mann, befand Ramsauer, sollte besser in seiner Partei bleiben: „Die vernünftigen Kräfte bei den Grünen, die sollten das Schiff nicht verlassen!“

Lob von solcher Seite pflegt in den eigenen Reihen verheerend zu wirken. Diejenigen, die Metzger noch die Treue halten wollten, waren zuletzt bei den Grünen aber sowieso eine Minderheit. Winfried Kretschmann, Fraktionschef in Baden- Württemberg und wie Metzger bekennender Anhänger schwarz-grüner Koalitionen, hat sich nach Auskunft von Parteifreunden bis zuletzt um Brückenbau zwischen dem Rebellen und der Partei bemüht – erfolglos. Auch die Innenpolitikerin Silke Stokar war noch beim Bundesparteitag am Wochenende in Nürnberg auf Metzger zugegangen. „Ich bedauere das sehr“, sagt die Bundestagsabgeordnete jetzt. „In der grünen Partei müssen Querköpfe einen Platz haben.“

Eine Etage weiter oben in der grünen Hierarchie sehen sie das im konkreten Fall anders. Der Querkopf stand zu oft quer zur eigenen Truppe. Dass er 2004 zum Beispiel die grünen Pläne für eine Bürgerversicherung kurz als „Volksverdummung“ abtat, haben sie ihm nicht vergessen. Dass er bei der als neoliberale Propagandatruppe verschrienen Stiftung Neue Soziale Marktwirtschaft mitmacht, ärgert sie nachhaltig.

Und so kam Metzgers jüngste Attacke aufs eigene Heerlager beiden Seiten recht als Anlass für die Trennung. Den Parteitagsantrag für ein Grundeinkommen hatte Metzger abgelehnt – so was führe nur dazu, dass Sozialhilfeempfänger weiter Kohlehydrate und Alkohol in sich hineinstopften. Damit habe sich Metzger „aus dem Bereich der grünen Werte verabschiedet“, sagt Kuhn. „Er hat den Wertehaushalt der Grünen verletzt, und zwar eklatant. Damit hat er auch die Mauer gebaut, die da entstanden ist.“ Parteichef Reinhard Bütikofer ist überzeugt, dass sich Metzger längst vor dem Parteitag entschieden hat. „Der von ihm dort inszenierte Rummel war extrem unehrlich. Und da er offensichtlich unehrlich ist einzusehen, dass seine Äußerungen über Erwerbslose für einen Grünen inakzeptabel sind, ist es besser, dass er dann geht.“

Nun also der Abschied. „Wo es mich hinverschlägt, weiß ich noch nicht“, sagt Metzger. Dass ihn die Angebote von FDP und CDU zum Übertritt gefreut haben, daraus macht er kein Hehl. Eine Rückfahrkarte in den Bundestag war freilich nicht dabei. Dort will er endlich wieder hin. Und wenn der Weg über einen Gastauftritt als Redner beim Neujahrsempfang der Saar-FDP führt.

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