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Politik: Nicht nur links

Lafontaine will auch Wähler von Rechtsextremen ansprechen. Die PDS ist einverstanden

Von Matthias Meisner

Berlin - Echter Groll sieht anders aus. Die Kritiker kommen aus der zweiten Reihe. Und sie wollen bloß nicht zu doll gegen Oskar Lafontaine wettern, der Spitzenkandidat der Linkspartei aus PDS und WASG werden soll. Nach Lafontaines Äußerung in Anspielung auf den Fall Daschner, das kategorische Folterverbot in Deutschland sei „Prinzipienreiterei“, melden sich am Mittwoch zwei Nebenfiguren aus der PDS, Vorstandsmitglied Wolfgang Gehrcke und NRW-Landeschef Paul Schäfer: „Wir sind uns sicher, dass Errungenschaften des Grundgesetzes wie zum Beispiel das Verbot von Folter unter keinen Bedingungen in Frage gestellt werden dürfen.“ Umrahmt ist dieser klare Satz von Kritik an „rechter Stimmungsmache“ gegen den früheren SPD-Chef. Und von Unverständnis über das „ganze Gerede von Verrat und Fahnenflucht“, das Lafontaine aus der SPD entgegenschalle: „Wir kennen diesen Umgang mit Andersdenkenden allzu gut aus unserer eigenen Geschichte – das ist Spätstalinismus einer zentralistischen Partei.“

PDS-Chef Lothar Bisky, der vor Tagen Lafontaines Warnung vor „Fremdarbeitern“ kritisiert hatte, schweigt diesmal, auch aus der WASG-Spitze kommt kein böses Wort. Stattdessen darf Lafontaine im „Neuen Deutschland“ lang und breit erklären, dass er mit seiner Warnung vor Billiglohnkonkurrenz auch ausländische Arbeitnehmer im Auge habe, „die in Deutschland seit Jahrzehnten leben und Beiträge zahlen“. Ihn ausländerfeindlich zu nennen, findet Lafontaine „geradezu lächerlich“. Nach Gregor Gysi kündigt auch Lafontaine an, im Wählermilieu der Rechtsextremen fischen zu wollen. Das Thema Schutz vor Billiglohnkonkurrenz dürfe nicht der NPD überlassen werden, erläutert er dem „Stern“. „Die NPD hat Probleme, wenn eine linke Partei konsequent Arbeitnehmerrechte vertritt. Das ist gewollt.“

Die Absicht wird klar. Linkspartei will das Bündnis heißen, gegen die neoliberale Politik der anderen schimpfen – aber auch mal nach rechts schielen, wenn es gerade passt. Umstrittene Themen wie das Folterverbot werden im Wahlprogramm, das Mitte Juli vorgestellt werden soll, ausgeklammert. Und absehbar bleiben Personalia wichtiger als Inhalte: Nach dem baden-württembergischen SPD-Politiker Ulrich Maurer ist auch Hakki Keskin, Bundeschef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, aus der SPD ausgetreten. Wie Maurer erwägt er eine Kandidatur für die Linkspartei. Auch die Ost-Autorin Daniela Dahn zählt zum Kreis der Umworbenen. Nun diskutiert die Linkspartei, für wen Platz auf den Kandidatenlisten ist.

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