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Politik: „Nicht zu verkraften“

Es fehlt das Geld. Die Regierung sieht keine Möglichkeit, die Steuerreform ein Jahr vorzuziehen

Von Antje Sirleschtov

Das Dementi kam prompt, sowohl von Bundeskanzler Schröder, als auch von Finanzminister Hans Eichel und Superminister Wolfgang Clement. Ein Vorziehen der für 2005 geplanten Steuerreformstufe auf den 1. Januar 2004 sei „finanziell nicht zu verkraften“. Eine „Ente“ nannte Schröder Meldungen der „Berliner Zeitung“, er wolle einen solchen Schritt am 14. März verkünden. Im Kern wirft die Diskussion erneut ein Licht auf die Steuerpolitik der Koalition. Zwei Vorhaben will Rot-Grün noch in diesem Frühling auf den Weg bringen. Zum einen ist es das Steuervergünstigungsabbaugesetz, mit dem Eichel Bund, Ländern und Kommunen in diesem Jahr zusätzliche Einnahmen von knapp 3,5 und im nächsten Jahr von rund zehn Milliarden Euro verschaffen will. Zum anderen soll die Steueramnestie für Mehreinnahmen von rund fünf Milliarden Euro sorgen. Beide Initiativen sind allerdings zum Scheitern verurteilt, weil die Unionsmehrheit im Bundesrat sie ablehnt.

Im Hintergrund arbeiten sowohl Koalition als auch Union an Konzeptionen, die in Verhandlungen im oder am Rande des Vermittlungsverfahrens eingebracht werden können. Glaubt man Meldungen aus Unionskreisen, wird Eichels Steuerpaket nur zu Steuererhöhungen bei Kapitalgesellschaften führen und das Amnestiegesetz zumindest von den geplanten Kontrollmitteilungen befreit. Alles in allem könnten die öffentlichen Kassen aus den beiden Gesetzen 2004 bestenfalls 10 bis 11 Milliarden Euro erwarten.

Viel zu wenig, um ein Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 um ein Jahr zu finanzieren. Zumal das Geld in den Haushaltsplanungen bereits enthalten ist. Unfinanzierbar scheint die Senkung des Spitzensatzes der Einkommensteuer von derzeit 48,5 auf 42 Prozent und des Eingangssteuersatz von 19,9 auf 15 Prozent. Denn das kostete rund 20 Milliarden Euro und würde höchstwahrscheinlich von den meisten Bundesländern im Bundesrat abgelehnt werden. Vor allem, weil die Länder schon jetzt bei der Planung ihrer Haushalte erkennen, dass ihr Einsparpotenzial 2003 weitgehend ausgereizt ist. Auf Einnahmen im nächsten Jahr könnten sie nur bei einem klaren Aufschwung verzichten. Und danach sieht es nicht aus.

Als Joker bei den anstehenden Verhandlungen von Regierung und Union dient die Mehrwertsteuer. Selbst Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt bezeichnete diese indirekte Steuerform im Vergleich zur direkten Steuerlast unlängst als untergewichtet. Für die Haushälter ist die Konsumsteuer zudem eine beliebte, weil sichere Einnahmequelle. Behielte man aus sozialen Erwägungen den niedrigeren Steuersatz von sieben Prozent für lebensnotwendige Güter bei und erhöhte die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent, könnten 2004 rund 21 Milliarden Euro mehr in der Staatskasse klingeln. Genug für das Vorziehen der Steuersenkungsstufe 2005 wäre das. Doch weder Union noch Regierung wollen für eine solche Steuererhöhung verantwortlich sein.

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