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Politik: Nichts ist sicher

Der Verteidigungsminister lässt alle Rüstungsprojekte der Bundeswehr durchleuchten und will Personal abbauen

Sie war das Lieblingskind Rudolf Scharpings. Mit seiner „Erneuerung der Bundeswehr von Grund auf“ wollte der damalige Verteidigungsminister die Truppe umkrempeln, fit machen für die neuen Aufgaben nach dem Ende des Kalten Krieges. Scharpings Reform ist nun endgültig Makulatur. Denn sein Amtsnachfolger Peter Struck (SPD) erklärte am Montag, die Bundeswehr noch einmal umbauen zu wollen. Er habe auf einer Klausurtagung der Führungsspitze seines Ministeriums am Wochenende Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan beauftragt, ein neues Ausrüstungskonzept auszuarbeiten. „Generell bedeutet das“, sagte Struck, „sämtliche in der bisherigen Bundeswehrplanung vorgesehenen Beschaffungsmaßnahmen stehen auf dem Prüfstand.“

Bis Anfang nächsten Jahres soll Strucks ranghöchster Soldat die Material- und Ausrüstungsplanung der Truppe „auf die neuen Realitäten einstellen“. Die hatte der Minister in seinen im Mai vorgestellten verteidigungspolitischen Richtlinien aufgezeigt. Vor allem die beiden Verbände „Division spezielle Operationen“ und „Division luftbewegliche Operationen“, die die Hauptlast der Auslandseinsätze der Bundeswehr auf dem Balkan und in Afghanistan tragen, sollen für ihre Aufgaben deutlich besser ausgerüstet werden. In der Vergangenheit war in der Truppe immer wieder moniert worden, dass beispielsweise Kommunikationssysteme veraltet seien und nicht genügend minensichere Patrouillenfahrzeuge wie der gepanzerte Lkw „Dingo“ zur Verfügung ständen. Dass Struck und Schneiderhan sich jedoch von Großprojekten wie dem Eurofighter verabschieden, ist kaum zu erwarten. Der Verteidigungsminister hat intern zwar erklärt, er würde gerne weniger als die 180 bestellten Jets kaufen, doch hohe Vertragsstrafen würden in diesem Fall die Einspareffekte auffressen.

Der Generalinspekteur wird bei seiner Planung, die bis 2012 gelten und schon im Haushalt 2005 berücksichtigt werden soll, auch die Truppenstärke reduzieren. Dass sie von derzeit 280 000 auf bis zu 240 000 Mann gesenkt wird, dementiert das Verteidigungsministerium. Struck bestätigte aber, dass darüber hinaus auch die Zahl der Zivilbeschäftigten reduziert werden soll, auch in seiner eigenen Behörde, dem Bundesverteidigungsministerium. Denn Personalabbau dürfe nicht nur „den Bereich der Soldatinnen und Soldaten angehen“. In zwei Punkten wird dennoch alles beim Alten bleiben. An der Wehrpflicht will der Verteidigungsminister nicht rütteln. Obwohl die Grünen, etliche Sozialdemokraten und zuletzt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in einem Strategiepapier eine Berufsarmee fordern, lehnt Struck sie ab. Noch weiß er dabei den Kanzler an seiner Seite. Auch beim Wehretat, der bei 24,4 Milliarden Euro eingefroren ist, wird es keine Veränderung geben. Die Forderung des BDI, das Bundeswehr-Budget bis 2010 schrittweise auf 30 Milliarden Euro aufzustocken, blockte Struck am Montag ab. „Absolut unrealistisch“ sei diese Forderung angesichts der angespannten Haushaltslage, sagte er. Und: „Wir müssen uns vom finanziellen Wunschdenken verabschieden.“ Das Geld, das der Bundeswehr derzeit zur Verfügung steht, muss zielgerichtet für die Aufgaben einer „Armee im Einsatz“ (Struck) eingesetzt werden. An diesem Kernsatz wird sich Generalinspekteur Schneiderhan bei seinem Konzept orientieren.

Andreas Theyssen

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