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© AFP

Nicolas Sarkozy: Realpolitisch, zynisch, ruhelos

Er gratuliert Russlands Präsident Putin "herzlich" zu seinem umstrittenen Wahlsieg und schließt in Algerien Milliardenverträge ab: Für viele Menschenrechtler ist Frankreichs Präsident Sarkozy nur noch der oberste Handelsvertreter seines Landes.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy ist wegen seines Wahlglückwunschs für seinen russischen Kollegen Wladimir Putin in die Kritik geraten. Die Internationale Menschenrechtsliga (FIDH) bezeichnete es als "unverständlich und skandalös", dass Sarkozy Putin Glückwünsche ausgesprochen habe, nachdem die Unstimmigkeiten bei der Parlamentswahl in Russland international verurteilt worden seien. "Das ist ein Tiefschlag für Demokraten und die Verfechter der Menschenrechte in Russland", sagte FIDH-Ehrenpräsident Patrick Baudouin. Sarkozy hatte Putin laut dem Elysée-Palast nach dem Sieg bei der russischen Parlamentswahl angerufen und gratuliert. Der Kreml sprach sogar von einem "herzlichen" Glückwunsch.

Amnesty International zeigte sich "enttäuscht" von der Reaktion Sarkozys. Noch im Sommer habe Sarkozy harte Worte für Putin gefunden, sagte Danièle Artur von der Russland-Koordinierungsgruppe der Organisation. "Jetzt sind wir voll in der Realpolitik angekommen." Auch bei der linken Opposition hagelte es Kritik: Sarkozy habe sich "zynisch" verhalten. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), aber auch die Regierungen in Spanien, Großbritannien und den USA die Wahl offen kritisierten, "fällt Sarkozy nichts Besseres ein, als herzlich zu gratulieren", sagte der sozialistische Abgeordnete François Loncle. "Das ist sehr schockierend." Ein Präsident dürfe nicht allein als "Handelsvertreter" agieren.

Zusammenarbeit mit Algerien auch im atomaren Bereich

Der im Mai gewählte Sarkozy war im Oktober erstmals nach Moskau gereist. Dort hatte er gesagt, Frankreich wolle bei den Menschenrechten "niemandem Lektionen erteilen". Er "erkenne und verstehe die spezifischen russischen Besonderheiten". Gegenüber Putin habe er aber dennoch "offen seine Überzeugungen vertreten". Im Wahlkampf hatte Sarkozy noch mehrfach die Menschenrechtslage in Russland angeprangert und Moskau im Sommer für seine "Brutalität" im Gasstreit mit der Ukraine kritisiert.

Am zweiten Tag seines Besuches in Algerien sind mehrere Verträge in Höhe von insgesamt fünf Milliarden Euro unterzeichnet worden. Die Energiekonzerne Total und Gaz de France wollen etwa zwei Milliarden Euro investieren. Zudem wurde eine bilaterale Vereinbarung über eine Zusammenarbeit im zivilen atomaren Bereich paraphiert. Unterdessen reagierte die algerische Regierung zurückhaltend auf Sarkozys Aussagen zur französischen Kolonialvergangenheit in Algerien. Sie seien "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte der algerische Innenminister Yazid Zerhouni am Dienstag in Tipaza.

Sarkozy hatte das Kolonialsystem am Vorabend als "grundsätzlich ungerecht" bezeichnet. Es seien "schreckliche Verbrechen" begangen worden, aber es habe in dem System auch Menschen gegeben, "die Algerien geliebt haben, bevor sie das Land verlassen mussten", sagte Sarkozy. Der französische Präsident hatte außerdem zum gemeinsamen Kampf gegen Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus aufgerufen. Sein Besuch war durch antisemitische Äußerungen eines algerischen Ministers vorübergehend infrage gestellt worden. (ho/AFP)

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