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Politik: Nie mehr alleine

KRIEG – UND DANACH?

Von StephanAndreas Casdorff

Es geht im Irak vielleicht nicht so leicht voran, wie die Amerikaner hofften, aber es läuft auch längst nicht so schlecht, wie manche denken. Nach dem Sandsturm soll nun der große Sturm auf Bagdad folgen. Die Truppen stoßen massiv vor, mindestens das lässt sich sicher sagen. Und dass sich unser Bild vom Krieg von Tag zu Tag wandelt.

Die militärische Front allein bestimmt das Bild aber nicht. Es gibt daneben eine andere Wirklichkeit, die in den Vordergrund drängt, die politische. Sie wirken asynchron, doch muss im Krieg für die Zeit nach dem Krieg vorausgedacht werden. Für den Irak wie für den Nahen Osten insgesamt bedeutet das, dass sich der Westen entschlossen für Frieden und Stabilität engagieren muss. Für den Westen bedeutet es, dass er dafür zu neuer Geschlossenheit finden muss. Vor diesem Hintergrund ist die gestrige Rede von Kanzler Schröder zu erklären. Und US-Außenminister Powells Besuch in Brüssel.

Das ist das Bild, das vorher herrschte: eines der transatlantischen Entfremdung. Auf der einen Seite die globale Orientierung der USA, hierzulande eine neue Neigung zum Eurozentrismus. Dazu Amerikaner und Deutsche, die fast beziehungslos aneinander vorbeireden. Deutsche, die aus der Überlegenheit der USA und dem größer werdenden Ungleichgewicht auch in militärischen Fähigkeiten eher Rivalität als Partnerschaft in der atlantischen Allianz ableiten. Und Amerikaner, die der Versuchung zu erliegen scheinen, auf andere weniger Rücksicht zu nehmen, sie leichter für weniger relevant zu halten. Powells Besuch sollte das eine inzwischen positiv geklärt haben: Europa bleibt als Gesprächspartner relevant. Schröder hätte das andere erklären sollen: wie Europa relevant bleibt. Aber das bleibt offen.

Richtig ist, dass die USA aus der inhaltlichen Konfrontation zur Kooperation in den internationalen Gremien zurückkehren müssen. Besser ist auch, in der atlantischen Allianz nicht nur instruiert, sondern als Partner informiert zu werden. Aber gerade, wenn in Schröders Sinn ein gestärktes Europa dieser Partner sein soll, muss sich Deutschland vor allen anderen bemühen, ernst genommen zu werden. Die Forderung nach einem europäischen Außenminister als Ansprechpartner reicht als Antwort noch nicht aus. Die erfordert außerdem im Sinne einer Wiederannäherung an die USA – die seit Jahrzehnten der eigentliche Garant europäischer Einigung sind – eine selbstkritische Reflexion der eigenen Position.

Deutschland, sagt der Kanzler, hat den Krieg verhindern wollen. Aber einen britischen Resolutionsentwurf für die UN abgelehnt, mit dem er hätte verhindert werden können. Hauptforderung darin war ein behaviour change, ein geändertes Verhalten: Saddam hätte öffentlich zugeben müssen, dass er Massenvernichtungswaffen hatte und sie nie mehr einsetzen würde. Damit hätte er sein Gesicht verloren. Und die USA hätten kampflos gesiegt. Nun starten die Briten eine neue Initiative, als weiteren Brückenschlag, um für den Nachkriegsaufbau des Irak die USA wieder in die UN zu bringen. Das ist eine neue Chance. Schröder aber ging darauf nicht genügend ein. Wie der Aufbau genau gemeinsam organisiert werden soll und was genau die Deutschen zu tun bereit wären, sagte der Kanzler nicht.

Dabei wartet Powell nur auf dieses Signal. Amerika, neue Kraft des alten Europa, braucht Partner. Man kann auf Inseln im Atlantik über Sicherheitspolitik beraten, aber umsetzen lässt sie sich am besten mit denen, die gleiche Werte haben, gleiche Vorstellungen vom Menschen und von der demokratischen Ordnung. Krieg können die Amerikaner alleine machen, Frieden nicht. Auch darum darf Schröder sie nicht so alleine lassen.

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