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Politik: Niebel ärgert sich über Niebel

Der Bundestag debattiert die Teppichaffäre.

Berlin - Besonders gut besetzt sind die Reihen der FDP-Fraktion. Fast alle, die Rang und Namen haben, sind da: Fraktionschef Rainer Brüderle, Generalsekretär Patrick Döring. Außenminister Guido Westerwelle sitzt auf der Regierungsbank. Es scheint ernst zu sein.

Die Opposition hat eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt, um das umstrittene Teppichgeschäft von Entwicklungsminister Dirk Niebel aufzuarbeiten. Dieser hatte bei einer Dienstreise nach Afghanistan einen Teppich gekauft, ihn aber aus logistischen Gründen nicht mit nach Deutschland genommen. Vielmehr hat er ihn in der Botschaft deponiert, um ihn zu anderer Gelegenheit nach Hause zu transportieren. Als BND-Chef Gerhard Schindler in Kabul war, bot sich die Gelegenheit. Schindler beteuert, dass er davon ausging, dass es sich um ein zollfreies Geschenk für die Bundesrepublik handele. Doch der Teppich ist für den Privatgebrauch und nicht für die bundesdeutsche Asservatenkammer. Niebel hat das Knüpfwerk vom Flughafen abholen und direkt in seine Wohnung transportieren lassen – ohne Zoll zu zahlen. Einen Antrag auf Nachverzollung hat er erst gestellt, als er von „Spiegel Online“ auf das Problem aufmerksam gemacht wurde. Die Opposition sieht darin ein klares Fehlverhalten – einen Skandal.

Sascha Raabe, Entwicklungspolitiker der SPD, fordert erneut Niebels Rücktritt und sieht die Glaubwürdigkeit Deutschlands in Gefahr. „Nicht der Teppich sollte fliegen, sondern der Minister“, sagt Raabe im Plenum des Bundestages. Bereits vor der Debatte hat SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann über einen BND als „Bundes-Nachsende-Dienst“ gespottet. Die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel wirft Niebel „arrogantes Verhalten“ vor und stört sich nicht nur an seinem Teppichhandel, sondern auch an dessen Kopfbekleidung. „Dass Sie gerade in Entwicklungsländern oft mit ihrer Bundeswehrkappe herumlaufen, zeigt, dass Ihnen häufig das richtige Gespür fehlt.“

FDP-Generalsekretär Döring kontert. Die Opposition gehe lax mit der Wahrheit um. Schließlich sei derjenige für die Verzollung verantwortlich, der das Produkt einführe. Es handele sich außerdem um ein Versehen und nicht um einen Skandal. Die Opposition ist empört, da Döring versuche, die Verantwortung von Niebel auf den BND und die Mitarbeiter seines Ministeriums abzuwälzen. Die SPD-Abgeordnete Barbara Hendricks verlangt zu prüfen, ob die Nachverzollung des Teppichs durch Niebel rechtzeitig erfolgt sei. „Auch aus Versehen kann man eine Straftat begehen“, sagt sie. Und der Minister selbst? Konzentriert verfolgt er die Debatte von der Regierungsbank, um dann zu erklären: „Ich habe einen Fehler gemacht, und niemand ärgert sich mehr darüber als ich selbst.“ Niebel bedauert, dass er den BND-Chef in ein schlechtes Licht gerückt habe. Besonders lang ist sein Beitrag nicht. Aber dafür betont sachlich. Die Grünen-Abgeordnete Ute Koczy sagt zwar, dass es keine „Staatsaffäre“ sei. Aber ein bisschen ernst ist es doch – für den Minister und die FDP.

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