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Politik: Niederlage mit Gewinn

Labour verliert bei den Kommunalwahlen deutlich – doch die Konservativen pflegen trotz ihres Erfolges weiter den Führungsstreit

Bei den Kommunalwahlen am Donnerstag hat die britische Labourpartei deutliche Verluste einstecken müssen. Ungefähr 700 Sitze gingen der Partei von Premier Tony Blair in England verloren. Die konservativen Tories dagegen gewannen 500 Sitze hinzu. Aber die Lehren aus dem Ergebnis waren alles andere als eindeutig. Der Chef der Konservativen, Iain Duncan Smith, feierte einen „spektakulären“ Sieg und sprach von „Labours größter Wahlniederlage seit 1979“. Der Labour-Minister John Reid wies dagegen genüßlich darauf hin, dass die Tories unter Duncan Smiths Vorgänger William Hague 1999 einen höheren Stimmenanteil bei diesen „Mid-Term“-Wahlen hatten, die gemeinhin als Stimmungstest für die Politik auf nationaler Ebene gelten.

In zahlreichen größeren Städten, darunter Bristol, Birmingham, Coventry und Exeter, verlor Labour die Macht in den Rathäusern. Den Stadtrat von Birmingham, den größten in ganz England, hatte Labour 19 Jahre lang geführt. Dort leben zahlreiche Muslime, die ihre Stimme lieber den Liberaldemokraten gaben. Diese hatten sich ausdrücklich gegen eine Beteiligung Großbritanniens am Irakkrieg ausgesprochen.

Doch war es dieser Unwille über den Krieg oder der über die steigenden Steuern, der die Popularität der Blair-Partei trübte? Wie immer, nach sechs Jahren hat die Begeisterung der Briten für die Blair-Regierung spürbar abgenommen. Doch an der Dominanz von Tony Blair ändert sich vorerst wenig. Denn die Tories sind nach wie vor eine zerstrittene Partei. Zudem sind Kommunalwahlen in England nicht ohne weiteres auf ein mögliches Ergebnis der Parlamentswahl hochzurechnen. Die große Mehrheit der 38 Millionen Wahlberechtigten blieb auch dieser Kommunalwahl fern. In England und bei den Wahlen des Regionalparlaments in Wales (wo Labour auf klare 50 Prozent kam) gab gerade ein Drittel die Stimme ab. So konnte es auch kommen, dass die rechte „British National Party“ in der Stadt Burnley zur stärksten Oppositionskraft aufstieg. In Schottland interessierten sich nur 48 Prozent für die Wahl des vor vier Jahren mit viel Unabhängigkeitsenthusiasmus eingeführten Regionalparlaments.

Rätsel geben nun vor allem die Tories auf. Die Oppositionspartei hat 28 zusätzliche Gemeinderäte erobert, auch das symbolträchtige, weil soziologisch repräsentative Städtchen Basildon. Wer hier gewinnt, sagt man, regiert das Land. Dies, sagte Duncan Smith, sei nun die Basis, von der aus man Labour bei der Unterhauswahl – vermutlich 2005 – angreifen werde. Dabei war er erst am Abend zuvor von einem seiner Mitstreiter in der Schattenregierung zum „Handicap“ für künftige Wahlchancen erklärt worden. Wie man es dreht und wendet – der angefochtene Duncan Smith bleibt für die Tories ein Problem. Es durch einen Führungswechsel zu lösen, ist durch das passable Wahlergebnis für die Tories nun schwieriger oder gar unmöglich geworden. Davon kann Blair nur profitieren.

Matthias Thibaut

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