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Niederlande: Sieg der Sozialdemokraten erschüttert die Regierung

Die linke Opposition hat bei den Kommunalwahlen in den Niederlanden deutliche Zugewinne verbuchen können. Das schlechte Ergebnis für die Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Balkenende erschüttert die Regierung.

Den Haag - Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende übte sich im Fair Play: «Glückwunsch an Sozialdemokraten und Sozialisten, sie haben schöne Ergebnisse herausgeholt», sagte der Christdemokrat nach der Kommunalwahl vom Dienstag. Doch die tapfere Geste galt womöglich genau denjenigen, die ihn im nächsten Jahr aus dem «Torentje» vertreiben wollen, dem Amtssitz des Regierungschefs am malerischen Binnenhof in Den Haag.

Denn genau dorthin zieht es Wouter Bos, den Fraktionsvorsitzenden der sozialdemokratischen Arbeitspartei (PvdA) und Oppositionsführer im Parlament. Er hatte im Dezember öffentlich verkündet, dass er Balkenendes Nachfolger werden will - Umfragen und das Ergebnis der Kommunalwahlen beflügeln ihn. Die PvdA ist seit geraumer Zeit stabil die Nummer eins in allen Umfragen, und jetzt setzte sie sich mit beeindruckenden Zahlen auch als stärkste Kraft in den Kommunen durch. Immerhin steigerte sie die Zahl ihrer Mandate von 1317 auf 1988 - ein Plus von fast 50 Prozent.

Bei der Kommunalwahl vor vier Jahren hatten die Sozialdemokraten - damals noch Regierungspartei in Den Haag - 231 Mandate verloren. Sie zahlten diesen Tribut an den Rechtspopulisten Pim Fortuyn, der damals von Rotterdam aus das niederländische Parteiensystem durcheinander wirbelte. Fortuyn wurde ermordet, kurz bevor er seinen Triumph hätten genießen können, aus dem Nichts die zweitstärkste Partei des Landes aufgebaut zu haben.

Doch seine Nachfolger überzeugten die Wähler nicht. Überall im Land verloren die Fortuyn-Listen deutlich. Auch ihre Hochburg Rotterdam mussten sie an die Arbeitspartei zurückgeben. Die Umfragen sagen ihnen nichts Gutes für die Parlamentswahl im kommenden Jahr. Die Ära Fortuyn scheint beendet zu sein - womöglich auch dadurch, dass die etablierten Parteien dem Politrebellen abgeguckt haben, wie man dem Volk aufs Maul schaut und entsprechend handelt.

Da macht selbst die kleine Sozialistische Partei (SP) keine Ausnahme. Sie war eine treibende Kraft beim «Nein» der Niederländer gegen die EU-Verfassung im vergangenen Jahr. Jetzt konnte sie die Zahl ihrer Mandate von 157 nach 333 mehr als verdoppeln. Die SP empfiehlt sich dem Sozialdemokraten Bos als Koalitionspartner - nun sogar mit den Glückwünschen des Christdemokraten Balkenende.

Seine christdemokratische Partei zählt zu den Verlierern der Kommunalwahl. Der Ministerpräsident nannte den Ausgang «enttäuschend, aber nicht unerwartet». Die Regierung habe schwer wiegende Entscheidungen treffen müssen. «Das wird einem nicht immer gedankt», sagte Balkenende. Er zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass das Bild sich bis zur nächsten Parlamentswahl in 15 Monaten ändern werde.

Der Fraktionschef und wichtigste Politiker der mitregierenden Partei VVD, Jozias van Aartsen, erklärte in der Nacht zum Mittwoch seinen Rücktritt, nachdem die rechtsliberale VVD am Vortag fast ein Zehntel ihrer Sitze in den Gemeinderäten des Landes verloren. Auch die kleinste Regierungspartei, die linksliberale D66, musste große Einbußen hinnehmen. (Von Thomas P. Spieker, dpa)

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