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Politik: Niedersachse gegen Hesse

Die CDU-Prinzen zeigen erstmals Gegensätze

Von Robert Birnbaum

Berlin - Christian Wulff zeichnete ein ganz düsteres Bild. Die Stimmung im Mittelstand, klagte der niedersächsische Ministerpräsident am Montag im CDU-Vorstand, sei finster – keine Linie könnten die Mittelständler in der Unionspolitik erkennen, auch nicht in der Frage der Unternehmensbesteuerung. Wulffs bitterer Generalverriss ließ etliche Vorständler aufhorchen. Dass Wulff sich gelegentlich in den CDU-Spitzengremien als Kritiker der großen Koalition und damit auch der Kanzlerin Angela Merkel hervortut, ist nichts Neues mehr. Diesmal aber war der Adressat ungewohnt. Denn über den Stand der Dinge in der Unternehmenssteuerreform hatte gerade Roland Koch referiert.

„Das war das erste Mal, dass die beiden in den Gremien direkt gegeneinander standen“, sagt ein Vorständler. Zwar habe Wulff keine direkte Attacke gegen Koch geritten, vielmehr seine Kritik ins Gewand der Besorgnis gekleidet. Doch sei die Zielrichtung jedem im Raum klar gewesen. Der Vorgang ist deshalb so bemerkenswert, weil jeder in der CDU weiß, dass der Niedersachse und der Hesse seit geraumer Zeit um den Platz der Nummer zwei der Partei rangeln – unter oder, noch lieber, auf einer Stufe mit der Kanzlerin und Parteichefin. Koch hat sich in diesem Wettstreit der Thronfolger für den Weg des loyalen Unterstützers der großen Koalition entschieden, wenigstens so lange das Notbündnis im Sinne der CDU funktioniert. Wulff verlegt sich mehr auf das Feld der kritischen Randbemerkungen.

Konkret erinnerte der Niedersachse daran, dass die Union immer vor einer Substanzbesteuerung bei einer Reform der Gewerbesteuer gewarnt habe. Doch Koch konnte berichten, dass Finanzminister Peer Steinbrück bereit ist, den Plan zur Unternehmenssteuerreform in diesem Punkt zu ändern. Weder Merkel noch Koch antworteten auf Wulffs Vortrag. Erst als der Mittelstandschef Josef Schlarmann eine weitere Klage über den Unterschied zwischen CDU-Programm vor und nach der Wahl anstimmte, platzte der CDU-Chefin der Kragen. Sie könne mit diesem generellen Gerede nichts anfangen, fauchte Merkel – Schlarmann solle doch mal durchgerechnete Alternativen mitbringen. Der eigentliche Adressat des Ausbruchs hörte das nicht mit. Wulff war vorzeitig gegangen.

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