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Der Endspurt beginnt und für McAllister könnte es eng werden.

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Update

Niedersachsen: Das wird noch spannend

Rot-Grün und Schwarz-Gelb liegen eine Woche vor der Landtagswahl in Niedersachsen praktisch gleichauf – und die FDP berappelt sich. Am Donnerstagabend traten McAllister und sein Herausforderer Weil zum Duell vor die Kameras und hatten nichts dem Zufall überlassen.

Die unangenehmen Themen blenden Titelverteidiger und Herausforderer sofort entschlossen aus. „Die Menschen sind mit dem Thema durch“, bescheidet Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) kurz und knapp dem NDR-Moderator Andreas Cichowicz, der nach den Auswirkungen der Affären um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gefragt hat. McAllister ringt sich noch ein Lob für seinen politischen Ziehvater und Vorgänger im niedersächsischen Regierungsamt ab. „Große Verdienste“ ums Land habe Wulff gehabt. „An diese erfolgreiche Zeit knüpfe ich jetzt an.“ Kein weiterer Kommentar, bitte.

SPD-Herausforderer Stephan Weil fährt beim ersten und einzigen Live-Fernsehduell der beiden Kontrahenten am Donnerstagabend eine ähnliche Taktik. Der Ärger um SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wird als quasi irrelevant erklärt. Das spiele im Wahlkampf kaum eine Rolle, sagt Hannovers Oberbürgermeister. „Hier geht es um Landesthemen.“ Die Bürger interessierten sich doch viel mehr für gute Bildung und gerechte Löhne. Scheinbar unbeirrt kontert Weil auch Fragen nach dem schwindenden Vorsprung für Rot-Grün in den Prognosen. „Die Menschen in Niedersachsen wollen den Wechsel.“

Nach zwei aktuellen Umfragen scheint die lange Zeit schwächelnde FDP Boden gut zu machen und könnte durchaus wieder in den Landtag einziehen. Nach dem Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel hat Rot-Grün einen kleinen Vorsprung: Für die SPD stimmen demnach 33 Prozent der Befragten, für die Grünen 13 Prozent. Die CDU mit McAllister an der Spitze kann mit 39 Prozent rechnen, die FDP hat mit fünf Prozent den Fuß in der Tür. Noch enger ist es in einer GMS-Umfrage, die im Auftrag der Union erhoben wurde: CDU 41 und FDP fünf Prozent, SPD 33 und Grüne 13 Prozent. Das ergibt einen Gleichstand der Lager. Die Spannung könnte zum einen die Wahlbeteiligung erhöhen, zum anderen unter CDU-Anhängern dazu führen, dass sie ihre Zweitstimme dem Koalitionspartner geben, um ihn wieder ins Parlament zu hieven. „Wir liegen klar vorne und werden um jede Erst- und Zweitstimme kämpfen“, erteilt McAllister einer Leihstimmenkampagne für die darbenden Liberalen eine klare Abfuhr. „Die FDP wird den Sprung in den Landtag sicher schaffen.“ Und er dann Ministerpräsident bleiben, fügt der CDU-Chef selbstsicher an.

Bei den möglichen Konstellationen im künftigen Landtag geht er plötzlich in die Offensive, verlangt vom verdutzten Weil eine eindeutige Aussage, wie er es mit den Linken halten werde, sollten diese es ins Parlament schaffen und Zünglein an der Waage sein. Der SPD-Chef zieht sich darauf zurück, dass die Linkspartei sowieso unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben werde, er sie hier und jetzt nicht zusätzlich aufwerten wolle. „Dann können Sie es doch auch sagen“, insistiert McAllister und lächelt triumphierend.

Nichts hatten die Kontrahenten dem Zufall überlassen.

Nichts hatten die Kontrahenten dem Zufall überlassen, sich wochenlang mit ihren Beraterstäben auf diesen großen Moment des einstündigen Streitgesprächs vorbereitet. Trainer für Sprache, Mimik und Gesten waren im Einsatz. McAllister brachte gar seine eigene, ihm vertraute Maskenbildnerin mit. Vor laufenden Kameras steigert sich der Regierungschef dann in seine Rolle zwischen Staatsmann und parteipolitischer Provokateur hinein. „Finger weg vom Gymnasium“, giftet er Weil an. „Sonst kriegen Sie richtig Ärger mit den Eltern. Und auch mit mir.“ Der SPD-Herausforderer, der eigentlich für niedrigere Hürden für neue Gesamtschulen werben will, muss in die Defensive: „Die niedersächsischen Gymnasien haben von mir nichts zu befürchten.“

Dafür punktet der SPD-Mann bei den klassischen SPD-Themen wie prekäre Arbeitsverhältnisse und gerechte Löhne – allerdings ohne scharfe Attacken auf sein Gegenüber. Weil bleibt seiner Rolle als pragmatisches Stadtoberhaupt treu, präsentiert sich als Anwalt der kleinen Leute. Dass die CDU mit der FDP einen hartnäckigen Gegner flächendeckender Mindestlöhne im Boot hat, kann McAllister da mit Allgemeinplätzen über eine „inakzeptable Lohnentwicklung“ einigermaßen unbeschadet überspielen.

Leichte Vorteile für den Titelverteidiger, lauten die erste Bewertungen der Beobachter. Ob diese am 20. Januar in die entscheidenden Stimmen umschlagen, wird sich erst am Wahlabend zeigen. Die Forschungsgruppe Wahlen, die das Politbarometer ermittelt, weist darauf hin, dass die Umfragewerte relativ unsicher sind: 42 Prozent der Befragten wüssten noch gar nicht, wo sie ihr Kreuzchen machen wollen. Oder ob sie überhaupt wählen gehen.

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