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Ein Wahlsieg wäre sein Ticket in die Bundespolitik: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil will die SPD programmatisch erneuern.

© dpa/Peter Steffen

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil: Ein Wahlgewinn als Ticket in die Bundespolitik

Für den SPD-Ministerpräsidenten sind die Chancen gestiegen, sein Amt zu verteidigen. Was würde ein Wahlerfolg für seinen Einfluss im Bund bedeuten?

Von Hans Monath

Er ist ein politischer Spätstarter. Erst mit 47 Jahren war Stephan Weil in die Politik eingestiegen. Damals, im Jahr 2006, gewann der Stadtkämmerer von Hannover die Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt. Sieben Jahre später wurde er Ministerpräsident einer rot-grünen Regierung. Sollte er nun sein Amt verteidigen, in welcher Koalition auch immer, könnte er seinen Einfluss über Niedersachsen hinaus ausbauen – und das nur elf Jahre, nachdem er sich zum ersten Mal einer Wahl gestellt hatte.

Der Kampf um die Staatskanzlei hat aus dem stillen Kämpfer Weil einen lauten Kämpfer gemacht. Früher galt der Jurist vielen nicht nur als bodenständig und pragmatisch, sondern auch als blass. Doch als die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten zur CDU wechselte, legte Weil gleichsam einen Schalter um, sagen Menschen, die ihn schon lange beobachten. Seither wolle er es wirklich wissen.

Weil fordert mehr Wirtschaftskompetenz

Der Wahlkampf erlebt Weil nun als angriffslustigen, dynamischen Redner, der Säle begeistert und dafür in fast amerikanischer Manier gefeiert wird. Der Chef der Landes-SPD profitiert davon, dass sein Verband besser aufgestellt ist als die Partei in vielen anderen Regionen. Zwischen der Nordsee und dem Harz holte die SPD bei der Bundestagswahl 27 Prozent, mehr als in jedem anderen Bundesland.

Natürlich sei die SPD die Partei der Gerechtigkeit, sagte Weil kürzlich dem Tagesspiegel. Aber sie sei nicht mehrheitsfähig, wenn sie ihre Defizite "bei Zukunftskonzepten und Wirtschaftskompetenz" nicht behebe. Wer wollte, konnte darin auch eine Kritik am Bundestagswahlkampf von Kanzlerkandidat Martin Schulz lesen. Schon lange vor dessen Wahl zum Parteichef Anfang des Jahres hatte Weil immer wieder seine Meinung zum Kurs der Partei deutlich gemacht und Wirtschaftskompetenz eingefordert – meist mit wenig Erfolg.

Der Weg in die Bundespolitik ist möglich

In der Debatte über den angeschlagenen SPD-Chef haben Weil und andere Niedersachsen sich nun entschieden gegen eine Ablösung von Schulz ausgesprochen. Denn Chaostage oder Führungskämpfe im Willy-Brandt-Haus hätten ihren Wahlkampf torpediert. "Die Basis hängt an Martin Schulz, er hat auch meine Unterstützung", sagt Weil. Ob die Loyalität der Niedersachsen zum gescheiterten Kanzlerkandidaten auch über Sonntag 18 Uhr hinaus Bestand haben wird, ist eine spannende Frage.

Sollte die SPD am Sonntag stärkste Partei werden und eine Regierung bilden, dürfte Weil in die erste Reihe der Bundespolitik aufrücken. Der Jurist könnte dann nicht nur als Schwergewicht der SPD-geführten Bundesländer seine Macht im Bundesrat vergrößern, sondern auch in der Bundespartei stärker mitreden. Ein Amt als Parteivize wäre ihm kaum zu verwehren, auch wenn manche Linke dagegen sind. Weil hat schon angekündigt, er werde sich "sehr engagiert in die programmatische Erneuerung der SPD einschalten".

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