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Politik: Niedrige Steuern, hohe Abgaben

Familien sind in Deutschland im internationalen Vergleich gering belastet, für Singles gilt das Gegenteil

Zahlen die Deutschen zu viel Steuern? Oder lässt sich da noch drauflegen, etwa bei der Mehrwertsteuer? Und wie sieht es mit den Abgaben in die Sozialkassen aus? Solche Fragen werden im anstehenden Bundestagswahlkampf immer wieder gestellt werden. Doch wo steht eigentlich Deutschland im internationalen Vergleich? Je nachdem, lautet hier die Antwort. Bei den Steuern ziemlich günstig, bei den Abgaben eher schlecht. Das ergibt die Übersicht, die das Bundesfinanzministerium regelmäßig veröffentlicht.

Die deutsche Steuerquote, also der Anteil der Steuern an der wirtschaftlichen Gesamtleistung (Bruttoinlandsprodukt), ist mit 21,5 Prozent niedrig. Nur US- Amerikaner und Japaner zahlen weniger. In Großbritannien dagegen liegt die Quote bei 28,9 Prozent, in Frankreich bei 27,5 Prozent, in Österreich bei 28,4 Prozent. In den klassischen Wohlfahrtsstaaten in Skandinavien, wo viele Sozialleistungen über Steuern finanziert werden, liegt sie zwischen 32,9 Prozent (Finnland) und 47,3 Prozent (Dänemark). Auch bei der Mehrwert- oder Umsatzsteuer sind Deutsche gut bedient. Sie liegt mit 16 Prozent am unteren EU-Ende. Schweden, Ungarn und Dänen zahlen 25 Prozent. Aber es geht günstiger. In den USA, wo die Steuersätze regional unterschiedlich sind, gibt es Staaten wie New Hampshire oder Oregon, die gar keine so genannte „sales tax“ erheben. Im Schnitt liegen die Umsatzsteuern in den USA bei 7 bis 8 Prozent.

Betrachtet man nicht nur die Steuerlast, sondern nimmt Sozialabgaben hinzu, sieht es anders aus. Deutschland liegt dann mit 36,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht mehr so günstig. Zwar sind die Franzosen und Österreicher stärker belastet, aber die Briten kommen nur auf 35,3 Prozent, die US-Amerikaner auf 25,4 Prozent. Auch Japaner, Schweizer, Polen und Spanier sind geringer belastet.

Deutschland liegt also in der Mitte – wo ist das Problem? Es liegt in der sehr hohen Gesamtbelastung der Lohnkosten durch Steuern und Abgaben einschließlich der Arbeitgeberbeiträge. Bei Alleinstehenden liegt sie bei 52 Prozent, der höchste Wert in der EU nach Belgien. In Großbritannien liegt er etwa bei 31, in den USA bei 29 Prozent. Bei verheirateten Durchschnittsverdienern mit zwei Kindern ist die Lohnkostenbelastung in Deutschland trotz Einrechnung von Familienleistungen wie Kindergeld mit 33,5 Prozent immer noch recht hoch, wenn auch nicht höher als in Italien und geringer als in Frankreich. Aber die Briten kommen auf 18, die Amerikaner auf 15,5 Prozent.

Der Vergleich zeigt auch, dass in Deutschland Familien mit Kindern rein steuerlich gut wegkommen. Die Belastung durch die Einkommen- oder Lohnsteuer eines verheirateten Durchschnittsverdieners mit zwei Kindern ist, nimmt man Steuerabzüge und Kindergeld dazu, die geringste überhaupt: Sie liegt bei minus 1,5 Prozent, ist also eine Entlastung. Ähnlich ist es nur in den USA und Japan. In Großbritannien zahlt ein solcher Familienvater knapp neun Prozent Steuern, in Frankreich sieben. Dagegen sind Alleinverdiener in Deutschland steuerlich so hoch belastet wie sonst nur in Skandinavien. Nirgends ist die Differenz zwischen Singles und Familien bei der Steuerbelastung so groß wie in Deutschland.

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