zum Hauptinhalt
Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen hat Nigerias Präsident Goodluck Jonathan in der nordöstlichen Millionenstadt Maiduguri um Stimmen geworben. Am gleichen Abend versuchte Boko Haram die Stadt zu erobern.

© Tunji Omirin/AFP

Nigeria vor der Präsidentenwahl: Boko Haram steht vor der Millionenstadt Maiduguri

Islamisten greifen Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaats Borno an, aber Armee kann Eroberung offenbar noch verhindern. US-Außenminister John Kerry verlangt bei einem Kurzbesuch in Lagos, dass die Wahlen wie geplant stattfinden.

Die islamistische Terrororganisation Boko Haram ist nach Angaben der nigerianischen Armee zum zweiten Mal nach Dezember 2013 damit gescheitert, die Millionenstadt Maiduguri im Nordosten des Landes einzunehmen. Das sagte die nigerianische Armeeführung am Montag. Der Kampf um die Hauptstadt des Bundesstaates Borno, in der sich eine halbe Million Flüchtlinge aufhalten, hat offenbar in der Nacht zum Sonntag in einem Außenbezirk der Stadt begonnen. Nachdem Boko Haram dort nicht weitergekommen war, begann sie einen Angriff auf einen weiteren Außenbezirk etwa 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Gleichzeitig griffen die Islamisten die etwa 70 Kilometer nördlich gelegene Stadt Monguno und das Dorf Konduna etwa 35 Kilometer von Maiduguri entfernt an.

Die nigerianische Armee, die es seit mehr als fünf Jahren nicht schafft, ein Mittel gegen Boko Haram zu finden, hat am Morgen Angriffe aus der Luft gestartet, um die Attacke zurückzuschlagen. Nach Armeeangaben mit Erfolg. Auch Konduna sei gehalten worden. Dagegen sei Monguno in die Hände von Boko Haram gefallen, heißt es weiter. Im Nachbarstaat Yobe hat Boko Haram ebenfalls am Sonntag 192 Kinder und Frauen freigelassen, die sie vor drei Wochen bei der Eroberung eines Dorfes entführt hatten. Im Nachbarstaat Adamawa gingen die Kämpfe am Montag weiter. Boko Haram soll dort mehrere Dörfer eingenommen und zerstört haben, sowie Dutzende Frauen und Kinder entführt haben. Am Sonntag hatte Boko Haram Fotos von Kindern veröffentlicht, die an Waffen gedrillt werden und nach deren Angaben von der Miliz ausgebildet werden.

Seit 2010 ist Goodluck Jonathan Präsident von Nigeria. In Maiduguri war er allerdings nur zwei Mal. Einmal vor rund zehn Tagen, um intern Vertriebene zu besuchen. Und am Sonntag, um Stimmen für die Wahl am 14. Februar zu sammeln.
Seit 2010 ist Goodluck Jonathan Präsident von Nigeria. In Maiduguri war er allerdings nur zwei Mal. Einmal vor rund zehn Tagen, um intern Vertriebene zu besuchen. Und am Sonntag, um Stimmen für die Wahl am 14. Februar zu sammeln.

© Tunji Omirin/AFP

Erst am Samstag hatte der Präsident Goodluck Jonathan, der am 14. Februar wiedergewählt werden möchte, eine Wahlveranstaltung in Maiduguri abgehalten. Es war sein zweiter Besuch in der Stadt, seit er 2010 Präsident geworden ist. Der erste liegt keine drei Wochen zurück. Jonathan hielt sich weniger als drei Stunden in Maiduguri auf, versprach Borno, das inzwischen bis auf die Hauptstadt unter Boko-Haram-Kontrolle steht, die Rückeroberung der verlorenen Gebiete und hohe Investitionen in die Landwirtschaft sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Jugend, berichtet die „Premium Times“.

US-Außenminister fordert glaubwürdige Wahlen

Am Sonntagabend traf der amerikanische Außenminister John Kerry zu einem Kurbesuch in Lagos ein. Dort traf er mit Jonathan und seinem Gegenspieler Muhammadu Buhari zusammen. Nach dem Treffen trat Kerry vor die Presse und versprach amerikanische Unterstützung für die nigerianische Armee, machte aber einen erfolgreichen und fairen Verlauf der Wahl am 14. Februar zur Bedingung. "Der beste Weg, Boko Haram zu bekämpfen ist eine friedliche, glaubwürdige und transparente Wahl. Sie ist die Voraussetzung für jede blühende Demokratie und sicherlich grundlegend für die größte Demokratie in Afrika", sagte Kerry. "Es ist Pflicht, dass diese Wahlen zum vorgesehenen Zeitpunkt stattfinden und dass sie im Vergleich zur vorangegangenen Wahl eine Verbesserung sind."

Der amerikanische Außenminister John Kerry (links) traf am Sonntagabend auch mit dem in den Umfragen führenden Oppositionskandidaten, dem ehemaligen Militärdiktator Muhammadu Buhari, zusammen.
Der amerikanische Außenminister John Kerry (links) traf am Sonntagabend auch mit dem in den Umfragen führenden Oppositionskandidaten, dem ehemaligen Militärdiktator Muhammadu Buhari, zusammen.

© Akintunde Akinleye/AFP

Das sind hehre Ansprüche, die von der Wahlkommission kaum umzusetzen sind. Zwar gibt diese seit zwei Wochen im Akkord fälschungssichere Wahlkarten aus. Aber mehrere Millionen Wähler haben nach wie vor keine Wahlberechtigung in der Hand. Es ist der Wahlkommission sehr schwer gefallen, genügend Freiwillige zu finden, die bei der Abwicklung der Wahl zu helfen bereit sind. Für die drei nordöstlichen Staaten ist eine geordnete Wahl angesichts der stetigen Angriffe von Boko Haram kaum denkbar.

Menschenrechtler fürchten Gewalt nach der Wahl

Die Analystin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Mausi Segun, hat schon in der vergangenen Woche bei einer Veranstaltung der Heinrich- Böll-Stiftung in Berlin die Vermutung geäußert, dass Boko Haram noch vor der Wahl versuchen würde, auch Maiduguri zu erobern. Anfang Januar hatte Boko Haram die Stadt Baga am Tschadsee erobert. Auch drei Wochen danach ist unklar, wie viele Menschen dabei getötet wurden und wie viele Menschen die Milizen in ihrer Gewalt haben. Augenzeugen sprachen von bis zu 2000 Toten, während Nigerias Armee 150 Tote meldete. Satellitenaufnahmen von Amnesty International und Human Rights Watch zeigen eine großflächige Verwüstung der Stadt. Mausi Segun sah in der Eroberung von Baga ein weiteres Indiz dafür, dass Boko Haram versucht, Maiduguri zu isolieren. seither führt keine Straße mehr nach Maiduguri. Der Flughafen wird nur für den Präsidenten und Hilfsgüter gelegentlich geöffnet.

Trotz der katastrophalen Lage in Borno hat die Wahlkommission auf Druck der beiden Präsidentschaftskandidaten entschieden, auch dort Wahlen abzuhalten. Gegen Jonathan tritt wie schon 2011 der ehemalige Militärdiktator Muhammadu Buhari an, nur diesmal mit deutlich besseren Chancen. Sollte Buhari die Wahl in den drei nordöstlichen Staaten, einer der Hochburgen der Opposition, verlieren, weil die intern Vertriebenen nicht wählen dürfen, rechnet nicht nur Mausi Segun mit Unruhen im ganzen Land. Auch die International Crisis Group warnt vor Auseinandersetzungen nach der Wahl.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false