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Politik: Noch eine kleine Lüge: Bei Kanthers Schwarzgeldgeständnis strickte der "brutalstmögliche Aufklärer" Koch an der Darlehen-Legende

Eine kleine Lüge hat Roland Koch eingestanden: Als er am 10. Januar von spendensammelnden Sternsingern besucht wurde, nutzten Journalisten den Fototermin, um ihn zu Ungereimtheiten in den CDU-Finanzen zu befragen.

Eine kleine Lüge hat Roland Koch eingestanden: Als er am 10. Januar von spendensammelnden Sternsingern besucht wurde, nutzten Journalisten den Fototermin, um ihn zu Ungereimtheiten in den CDU-Finanzen zu befragen. Obwohl ihm schon damals, Anfang Januar, "dubiose" Geldbewegungen bekannt geworden waren, versicherte Roland Koch wahrheitswidrig, er kenne "keinen Vorgang außerhalb der offiziellen Rechnungslegung" der Partei.

"Eine Riesendummheit" sei das gewesen, sagte Koch am 8. Februar. Doch Koch hat mindestens ein weiteres Mal öffentlich eine wissentlich falsche Darstellung abgegeben. Es war der 14. Januar, als Manfred Kanther gestanden hatte, ein Millionenvermögen der CDU Hessens in die Schweiz geschafft zu haben. An diesem "schwarzen Freitag der hessischen CDU" war die Legende von den angeblichen Vermächtnissen "jüdischer Emigranten" aufgeflogen, mit der der frühere Schatzmeister der Hessen-CDU, Prinz Wittgenstein, jahrelang die Millionentranfers aus den schwarzen in die offiziellen Kassen der Union bewerkstelligt hatte. Am Ende jener denkwürdigen Pressekonferenz, die vor allem Kanther bestritten hatte, kam Roland Koch auf jenen angeblichen Kredit zu sprechen, mit dem sein Landtagswahlkampf 1998 und 1999 finanziert worden sei. An diesem 14. Januar las Koch den Brief des Prinzen "vom 6. Februar 1998" vor, in dem Wittgenstein einen Kredit über zwei Millionen Mark anbietet. Koch ergänzte, dieser Kredit des Prinzen sei schließlich nur bis zur Summe von 1,5 Millionen Mark in Anspruch genommen worden. Koch damals: "Es ist ein Weg gewählt worden, den offensichtlich die Beteiligten für geeignet hielten, die Sache nicht offen legen zu müssen und trotzdem Geld einfließen lassen zu können." Koch selbst gab sich also am 14. Januar als ahnungsloses Opfer der Machenschaften. Seit dem 8. Februar ist jedoch amtlich: Nicht der Prinz, nicht Weyrauch oder Kanther hatten diesen "geeigneten" Weg des "Darlehens" erfunden, sondern Kochs engste Umgebung, mit seiner Billigung.

In der Chronologie "Schonungslose Aufklärung" berichtet der hessische CDU-Chef, wann die Idee zu jenem angeblichen Kredit geboren wurde. Es war nicht im "Februar 1998", wie Koch öffentlich vorgetragen hatte, sondern fast zwei Jahre später. Am 1. Dezember 1999 hatte der CDU-Finanzberater Horst Weyrauch den ehemaligen Landesgeschäftsführer Siegbert Seitz, gegen den inzwischen Ermittlungen wegen Untreue angelaufen sind, über ein Konto informiert, das im Rechenwerk nicht aufgeführt war, von dem jedoch auch in der Amtszeit Kochs namhafte Rechnungen bezahlt worden waren, aus Geldern unbekannter Herkunft. Koch und seine Umgebung mussten entscheiden, wie sie damit umgehen wollten. "In Gesprächen zwischen Prinz Wittgenstein und Seitz", so schreibt Koch, sei "der Gedanke geboren worden", die aus diesem Anderkonto bezahlten Beträge nachträglich "in ein Darlehen von Prinz Wittgenstein an die hessische CDU umzuwandeln".

So geschah es, mit einem im Dezember 1999 geschriebenen Brief, der auf den 6. Februar 1998 zurückdatiert wurde. Unter dem Datum des 21. Dezember 1999 schreibt Roland Koch in seinem Aufklärungstagebuch: "Ich billigte schweren Herzens die Entscheidung." Noch am 14. Januar, dem Tag der "brutalstmöglichen Aufklärung" hatte Koch an der Legende vom angeblichen Kredit des Prinzen weitergestrickt.

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