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Michelle Obama

© AFP

Nominierungsparteitag: Die US-Demokraten starten gemächlich

Am ersten Tag des Nominierungsparteitags fehlt noch die Siegeszuversicht. Doch die Delegierten wollen sich begeistern lassen: Der Auftritt des schwer kranken Senators Edward Kennedy rührt die Zuschauer zu Tränen. Barack Obamas Ehefrau Michelle ruft mit einer braven Rede dagegen gemischte Reaktionen hervor.

Die Demokraten wollen sich begeistern lassen, also jubelten sie Ted Kennedy zu. Die Demokraten sehnen sich nach einer Bestätigung, dass sie den richtigen Präsidentschaftskandidaten ausgewählt haben, also ließen sie sich von Barack Obamas Ehefrau am Eröffnungsabend des Parteitages das Herz wärmen.

Doch diese beiden Auftritte blieben die einzigen herausragenden Gesprächsthemen vom Auftakt des viertägigen Treffens in Denver (Colorado). Und das ist wenig, gemessen an der Absicht, den Anhängern Siegeszuversicht mit Blick auf den Wahltag am 4. November zu geben. In den US-Medien brach noch am Abend eine Debatte aus, ob die Demokraten den ersten Tag "verschenkt" haben, wie insbesondere Freunde der Republikaner verbreiteten. Oder ob Obamas Strategen mit dem behutsamen Beginn weise handelten, weil sie die Wähler beruhigen wollen, dass sie ihnen mit dem ersten afroamerikanischen Präsidentschaftskandidaten und seiner dunkelhäutigen Familie nicht zu viel zumuten.

Der Löwe Kennedy brüllt wie in besten Zeiten

Um 15 Uhr nachmittags hatte der Parteivorsitzende Howard Dean die Versammlung mit dem Schlag eines sehr traditionell anmutenden Holzhammers eröffnet. Noch für Stunden blieben die meisten der 21.000 Sitze in der hochmodernen Arena leer. Erst ab 19 Uhr füllten sich die Reihen. Die emotionale Klimax bis zum persönlichen Auftritt des wohl todkranken Krebspatienten Ted Kennedy zeigte, welche Gefühle möglich sind. Die Kennedys sind der Stoff für Geschichtsmythen in den USA. Ein paar Bilder von John F. Kennedy, dem 1963 ermordeten Präsidenten, und von Bobby Kennedy, dem 1968 im Wahlkampf ermordeten Thronfolger, reichten, um die weite Halle aufzupeitschen. Untermalt wurden sie mit Szenen, wie Ted, der dritte Bruder, und langjährige Senator von Massachusetts, auf einer Yacht segelt. Carolyn Kennedy hielt eine Eloge auf den "Löwen" - und dann erschien er selbst, obwohl die Ärzte ihm mit Blick auf seinen Tumor abgeraten hatten. Der Löwe hatte einen wackligen Gang, aber am Mikrophon brüllte er wie in besten Zeiten und riss den Saal mit. Er versprach, unter einem Präsidenten Obama werde Amerika keine jungen Soldaten mehr in falschen Kriegen opfern, dafür aber allen Bürgern eine Krankenversicherung geben. Da war echte Bewegung spürbar, die Demokraten fühlten sich wie in ihren besten Zeiten.

Doch die folgenden Redner zerstörten den Spannungsbogen wieder. Zu brav waren ihre Auftritte. Einzig Jim Leach, ein republikanischer Abgeordneter aus Iowa, der jedoch Obama unterstützt, weil Bush das Land an den Abgrund geführt habe, erntete zwischendurch verdiente Aufmerksamkeit. Dann folgte wieder Langeweile, bis ein Film über Michelle Obamas Kindheit die Hauptrednerin ankündigte. Man wolle die Nation besser mit den Obamas vertraut machen, hatte sein Team verkündet. In den Monaten zuvor hatte es Kritik gegeben, dass Michelle zu kämpferisch auftrete, Amerikas Fehler resolut kritisiere, aber zu wenig die guten Seiten betone.

Weich und weiblich, betont patriotisch

Die Inszenierung ihres Auftritts war weich und weiblich, nur vielleicht eine Spur zu gewollt. Ihr Bruder Craig, Basketballtrainer eines erfolgreichen Collegeteams, führte sie mit Anekdoten aus der gemeinsamen Kindheit ein sowie einer Story, wie er Barack auf Michelles Bitten auf dem Spielfeld getestet habe - denn daraus, wie jemand spiele, könne man den ganzen Charakter ableiten.

Michelle dankte Amerika für die Chancen, die das Land ihr gegeben habe, für den Aufstieg vom Arbeiterkind über die besten Universitäten bis zu einem hoch bezahlten Job. In den öffentlichen Dienst sei sie gegangen, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben. "I love this country", betonte sie, um Zweifeln an ihrem Patriotismus zu begegnen. Dann lobte sie in einer überraschenden Wende Hillary Clinton, die so viel für die USA geleistet hatte. Und schloss, sie träume davon, dass einst ihre Töchter sowie die Kinder anderer Amerikaner ihren Kindern erzählen, welche Wende das Land mit der Wahl 2008 eingeleitet habe. Für Europäer war das vielleicht schon zu kitschig. Im Saal wurden nun begeistert so viele Michelle-Poster geschwenkt, dass sie den Blick auf die First Lady in spe minutenlang versperrten. Als sie wieder zu sehen war, hatte sie die Töchter Malia (10) und Sasha (7) an der Hand. Über die Videoleinwand wurde Barack Obama zugeschaltet, der gerade in Kansas City Wahlkampf führt. Erst am Donnerstag wird er als Höhepunkt des Parteitags in Denver auftreten. "Wir sehen uns dann, I love you", rief er der Familie zu. Dann gingen die Delegierten für diesen Abend auseinander - zufrieden, aber nicht befeuert.

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