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Nordic Gambling: Schleswig-Holstein erlaubt private Wettanbieter

Schleswig-Holstein unternimmt bei Glücksspiel und Sportwetten einen Alleingang. CDU und FDP verabschiedeten am Mittwoch ein neues Glücksspielgesetz, das insbesondere privaten Anbietern eine legale Geschäftsgrundlage ermöglicht.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte: „Schleswig- Holstein schreibt Geschichte.“ Das Land geht damit einen Sonderweg, denn alle übrigen Länder hatten bislang einen Kompromiss bei dem zum Jahreswechsel fälligen neuen Staatsvertrag angestrebt, in dem sie dem privaten Markt nur sieben bundesweite Lizenzen zugestehen wollten. EU-Juristen signalisierten daraufhin, dass diese Formel einer europäischen Rechtsprechung nicht standhalten werde. Im Oktober beraten die Ministerpräsidenten die Materie aufs Neue.

Die schwarz-gelbe Koalition in Kiel will privaten Wettbetreibern unbeschränkt sechsjährige Lizenzen vergeben und damit den Markt komplett liberalisieren. Dort, wo es bisher laut Innenminister Klaus Schlie (CDU) eine große Grauzone, einen Schwarzmarkt im Internet gab, greife man nur regulierend ein, hieß es von Union und Liberalen. Das staatliche Lotto-Monopol wird dem Gesetz zufolge beibehalten, allerdings um private Vertriebswege erweitert. Die Opposition malt nun das Bild eines Zockerparadieses im Norden an die Wand. Darüber wären CDU und FDP aber gar nicht einmal böse, rechnen sie doch damit, dass rund 40 Anbieter jährlich bis zu 60 Millionen Euro an Lizenzgebühren in die leere Landeskasse spülen und dazu 2000 neue Arbeitsplätze entstehen.

SPD, Grüne, Linke und der Südschleswigsche Wählerverband zweifeln das an und verweisen zudem auf zunehmende Spielsuchtgefahren. Dass das neue Gesetz zum 1. März in Kraft treten soll, empfindet die Opposition als einen Affront, weil zwei Monate später ein neuer Landtag gewählt wird. Die Sozialdemokraten kündigten bereits an, im Falle einer Regierungsübernahme das Gesetz zu kippen. Die CDU spricht vom „wohl modernsten Glücksspielgesetz Europas“ und erklärt den Stichtag 1. März damit, dass sich noch alle anderen Länder auf Schleswig-Holstein zubewegen könnten.

Der Deutsche Lotto- und Totoblock befürchtet die „Kommerzialisierung des Glücksspiels“ und „Kollateralschäden für die Gesellschaft“. Offenbar sollen Spieleinsätze in anderen Ländern abgeschöpft und nach Schleswig-Holstein gelenkt werden.

Genauso viel Aufmerksamkeit wie die zweistündige Landtagsdebatte bekam im Übrigen Christian von Boetticher. Der CDU-Abgeordnete kehrte einen Monat nach seiner Aufgabe aller Spitzenämter in der Nord-CDU infolge einer bekannt gewordenen Liebschaft mit einer 16-Jährigen wieder auf die politische Bühne zurück. Vom Fraktionschef in der ersten Sitzreihe des Plenarsaals wechselte er als Hinterbänkler in die dritte Reihe. Die CDU hatte auf seine Rückkehr gedrängt, verfügt sie mit der FDP doch nur über eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Kieler Landtag.

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