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Nordirland: Krisenprovinz bekommt eigene Regierung

Nach fast fünf Jahren des politischen Stillstands erhält Nordirland morgen eine eigene Regierung. Regierungschef wird ein Protestant, sein Stellvertreter war früher IRA-Kämpfer.

Belfast - Ian Paisley, der designierte Regierungschef, ist der Vorsitzende der protestantischen Unionisten-Partei (DUP), sein Stellvertreter Martin McGuinness gehörte der irischen Untergrundbewegung IRA an. Eine solche Paarung wäre vor fünf Jahren undenkbar gewesen. Doch auf massiven Druck und nach einer kräftigen Finanzspritze für die Krisenprovinz einigten sich die einst verfeindeten Parteien Ende März auf die Regierungsbildung. An der feierlichen Amtseinführung in Stormont nehmen auch der britische Premier Tony Blair und sein irischer Kollege Bertie Ahern teil.

Mit ihrer Einigung kamen die DUP und die katholische Sinn Fein dem Willen der Nordiren nach, die sich bei der Parlamentswahl am 7. März für eine Teilung der Macht in einer nordirischen Regierung ausgesprochen hatten. Aus der Wahl war die DUP mit 36 von 108 Sitzen als stärkste Kraft hervorgegangen, die Sinn Fein mit 28 Sitzen als zweitstärkste. Die DUP stellt in der neuen Regierung vier Minister, die Sinn Fein drei, die gemäßigte Protestanten-Partei UUP zwei und die gemäßigte katholische Mitte-Links-Partei SDLP einen.

Mit einem Mehrheitsentscheid für eine Unterstützung der Polizei und der Justiz hatte die Sinn Fein Ende Januar den Weg für eine gemeinsame Regierung mit den Protestanten frei gemacht. Damit erfüllten sie eine entscheidende Bedingung der DUP für die Bildung einer gemeinsamen nordirischen Regierung.

Seit 2002 unter direkter Verwaltung Großbritanniens

Nach dem Karfreitagsabkommen von 1998, das 30 Jahre blutige Auseinandersetzungen weitgehend beendet hatte, bildeten Protestanten und Katholiken ein gemeinsames Regionalparlament. Seine Arbeit wurde im Jahr 2000 wegen eines Streits über die Entwaffnung vorübergehend ausgesetzt. Nach erneuten Auseinandersetzungen über Spionagevorwürfe in den Parlamentsbüros in Stormont wurde die Krisenprovinz im Jahr 2002 wieder unter direkte Verwaltung Großbritanniens gestellt.

McGuinness zeigte sich am Sonntag entschlossen, es nicht wieder zu einer ähnlichen Situation kommen zu lassen. "Wir wollen eine neue Beziehung mit den Unionisten auf dieser Insel aufbauen," kündigte er an. Es werde sich zeigen, dass eine Koalitionsregierung besser sei als eine Kontrolle durch London.

Blair verspricht sich von der feierlichen Amtseinführung am Dienstag vor allem eins: ein bisschen Glanz gegen Ende seiner Amtszeit. Der britische Premier hofft darauf, dass seine Verdienste um die nordirische Einigung das Desaster der britischen Beteiligung am Irak-Krieg überdecken. Blair, der am 2. Mai sein zehntes Amtsjubiläum feierte, wird Donnerstag voraussichtlich seinen Rückzug zu Gunsten von Finanzminister Gordon Brown erklären. (tso/AFP)

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