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Michelle O'Neill, Spitzenkandidatin der Sinn Fein, feiert mit Freunden den Sieg.

© AFP

Nordirland: Protestantische Parteien verlieren erstmals Mehrheit

Die republikanische Sinn Fein hat bei den Wahlen in Nordirland einen großen Erfolg errungen. Die Niederlage der protestantischen Parteien hat mehrere Gründe. Einer davon ist der Brexit.

Zum ersten Mal haben bei einer Parlamentswahl im mehrheitlich protestantischen Nordirland die protestantisch-probritischen Parteien ihre Mehrheit verloren. Hintergrund ist der Streit um Brexit. Während die probritische DUP für den Brexit ist, sind die katholisch-proirischen Republikaner für einen Verbleib in der EU – wie auch viele Protestanten. Zudem ist die DUP durch einen Skandal geschwächt. Die republikanische Sinn Fein ist der große Sieger der Wahl und liegt nur noch einen Sitz hinter der DUP, die zusammen mit den Ulster-Unionisten eine Schlappe erlitt. Sinn Fein kann aber keine Koalition mit den katholischen Sozialdemokraten eingehen, weil das Friedensabkommen von 1998 eine Koalition zwischen den einst verfeindeten Republikanern und probritischen Kräften zwingend vorschreibt.

Wenn sich die Parteien nicht binnen drei Wochen auf eine neue Regierung verständigen, fällt die Provinz zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder unter Direktverwaltung aus London. Regierungschefin Arlene Foster von der protestantischen DUP bezeichnete das Wahlergebnis als "Herausforderung" und räumte ein, dass die Sinn Fein ein "sehr gutes" Ergebnis erzielt habe.

Die Gegner müssen sich einigen

Sinn-Fein-Spitzenkandidatin Michelle O'Neill hatte sich vor der Wahl gegen ein neuerliches Regierungsbündnis mit Foster ausgesprochen. Vom Abschneiden ihrer Partei zeigte sie sich "begeistert". Die Wahlbeteiligung war mit knapp 65 Prozent relativ hoch.

Die DUP errang 28 der 90 Parlamentssitze. Bei der vorangegangenen Wahl im vergangenen Jahr hatte sie noch 38 von damals 108 Sitzen gewonnen. Die Sinn Fein kam diesmal auf 27 Sitze - nach 28 im bisherigen Parlament. Die zweite große pro-britische Partei in Nordirland, die UUP, stürzte auf zehn Sitze ab. Ihr Parteichef Mike Nesbitt trat deshalb zurück.

Wie es nun mit der Provinzregierung weitergeht, blieb offen. Seit dem Friedensabkommen von 1998 gilt die Regelung, dass die Macht zwischen den protestantischen und katholischen Kräften geteilt wird. Bislang stellte die DUP die Regierungschefin und die Sinn Fein den Stellvertreter.

Die Sinn Fein will Foster aber nicht weiter unterstützen. Zwischen den bislang regierenden Kräften gibt es mittlerweile große politische Differenzen. So ist die DUP für den Brexit, Sinn Fein ist dagegen.

Es sei "schwierig zu sehen, wie sie gemeinsam eine neue Regierung bilden können", sagte der frühere nordirische Regierungssprecher Stephen Grimason der BBC. Die "Irish News" schrieben in einem Leitartikel: "Nach dem brutalen und spalterischen Wahlkampf besteht keine wirkliche Erwartung, dass die Institutionen in den nächsten Wochen in Bewegung kommen."

Es war bereits die zweite Parlamentswahl in Nordirland binnen zehn Monaten. Erforderlich wurde sie durch den Rücktritt des bisherigen Vize-Regierungschefs Martin McGuinness von der Sinn-Fein-Partei. Das Karfreitagsabkommen sieht vor, dass bei einer Vakanz des Postens des Vize-Regierungschefs automatisch auch die Funktion des Regierungschefs ihre Grundlage verliert. (Tsp/AFP)

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