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Update

Norwegen: Gutachten erklärt Attentäter Breivik für nicht schuldfähig

Der Massenmörder Breivik gehört laut Gutachten nicht ins Gefängnis, sondern in die Psychiatrie. Er hatte im Juli bei zwei Attentaten insgesamt 77 Menschen umgebracht.

Die Reaktionen in Norwegen waren heftig, als bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag bestätigt wurde, was eine Boulevardzeitung wenige Stunden zuvor enthüllte. Demnach kommt das am Dienstag an die Osloer Amtsrichter übergebene psychiatrische Gutachten über den Massenmörder Anders Behring Breivik zum Schluss, dass der 32-Jährige „eindeutig schuldunfähig“ ist und in eine Psychiatrie statt ins Gefängnis gehört.

Trond Blattmann, dessen 17-jähriger Sohn Trojus unter den Todesopfern war, sagte besorgt: „Wir möchten Sicherheit, dass er wegen dieser Entscheidung der Gutachter nicht früher entlassen wird.“

Der Täter, der ein wirres rechtsextremes Manifest hinterließ, hatte am 22. Juli bei Terrorangriffen insgesamt 77 Menschen ermordet, die meisten von ihnen in einem sozialdemokratischen Jugendlager. Nach dem Gutachten soll Breivik bei der monatelangen Vorbereitung seiner Tat und der Durchführung in einem psychotischen Zustand gewesen sein. Breivik selbst hatte im Internet behauptet, Monate vor dem Anschlag, den er als „schrecklich, aber notwendig“ bezeichnete, Stereoide, Anabolika und andere Drogen eingenommen zu haben, um hart genug sein zu können, die Bluttat überhaupt ausführen zu können.

Breivik sieht sich offenbar als Erlöser

Auf der Pressekonferenz gab Staatsanwalt Svelin Holden dann Teile aus dem Gutachten offiziell bekannt. Breivik leidet demnach „an Wahnvorstellungen und sieht sich selbst als Erlöser an“. Er leide an paranoider Schizophrenie und „ist überzeugt davon, dass er bestimmen darf, wer leben darf, und wer sterben soll. Er sagt auch, er habe die Morde aus Liebe zu seinem Volk durchgeführt“, sagte Holden. Breiviks psychische Krankheit lasse das Gutachten zum Schluss kommen, dass der 32-Jährige „nicht zurechnungsfähig“ ist und deshalb „nicht zu einer Gefängnisstrafe“ verurteilt werden könne.

Das Gutachten dürfte in Norwegen, wo sich Richter und Staatsanwaltschaft traditionell an fachliche Empfehlungen halten, weitreichende Folgen haben. Die Terrortat wird voraussichtlich mit Therapie statt Gefängnis geahndet. Laut Staatsanwaltschaft soll das psychiatrische Gutachten noch von einem „medizinischen Komitee“ überprüft werden. Sollte es keine Beanstandungen geben, werde die Staatsanwaltschaft beim Prozessbeginn am Osloer Amtsgericht am 16. April auf eine „Verurteilung zu psychiatrischer Behandlung“ plädieren. Inwieweit der Prozess dann frühzeitig abgeschlossen wird, blieb am Dienstag unklar. Zunächst hieß es, dass Breivik zu jedem einzelnen seiner 77 Morde Stellung nehmen müsse, obwohl er sie bereits gestanden hat.

Alle drei Jahre soll seine psychische Verfassung geprüft werden

Sollten die Richter dem Gutachten folgen, muss Breiviks seelischer Zustand während seiner Therapie in einer vom Gericht zu bestimmenden, geschlossenen Psychiatrie alle drei Jahre erneut geprüft werden. Sollten die psychiatrischen Gutachter dabei zur Ansicht gelangen, dass Breivik psychisch wieder so gesund ist, dass er keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt, darf er freigelassen werde. Bei schneller Genesung, rein theoretisch also schon nach drei Jahren, ab der Einweisung im April nächsten Jahres.

Sollte er nicht gesunden, bestehe die Möglichkeit, dass Breivik für den Rest seines Lebens in einer Psychiatrie verbringen muss, sagte Staatsanwalt Holden.

Kaum jemand in Norwegen hätte zuvor geglaubt, dass Breivik tatsächlich für schuldunfähig erklärt werden könnte. Breivik, der vorab von dem Ergebnis des Gutachtens informiert worden war, sagte, dass er völlig zurechnungsfähig sei und dass er befürchte, das Gutachten werde, wenn es öffentlich bekannt würde, sein Ansehen schmälern.

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