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Politik: Nothilfe statt Aufbau Ost

Bund und Länder debattieren über ein Vorziehen des Solidarpakts II

Von Matthias Meisner

Für den Kanzler geht es um den „Neubeginn des Aufbau Ost“ – und damit auch um unkonventionelle Lösungen. „Wir werden uns mit den Ländern überlegen müssen, wie wir den Solidarpakt II vorziehen, ihn auch im Vorziehen finanzieren“, versprach Gerhard Schröder nach einem Besuch der Hochwasser-Katastrophengebiete in Sachsen. „Jede Möglichkeit“ müsse genutzt werden, „um nötige Finanzmittel zu mobilisieren“, argumentierte der Regierungschef. Zu Einzelheiten ließ er sich nicht festlegen: „Das ist Technik.“

Doch da hatte Schröder bereits eine Debatte am Hals. Wenig begeistert zeigten sich vor allem Politiker aus dem Osten. „So einfach wird es nicht gehen“, sagte der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Nooke. Selbstverständlich sei schnelle Hilfe für die Menschen in den neuen Ländern notwendig, die aber müsse solide erfolgen. „Aber die Gelder aus dem Solidarpakt II sind verplant“ – für den Nachholbedarf des Ostens bei der Infrastruktur. Jetzt dürften sie nicht „aufgefressen“ werden, um die Hochwasserschäden zu reparieren. „Nicht ganz so froh“ war auch Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Man würde Mittel, die man sowieso bekommen hätte, eher erhalten. Dies verstehe er nicht unter nationaler Solidarität. Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) sagte dem Tagesspiegel: „Aufbau Ost ist nicht die Beseitigung von Naturkatastrophen. Aber wenn das technisch ein Finanzierungsweg ist, sollten wir das zu Ende durchdenken.“ Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Schweriner Finanzministeriums, Julius Geise: „Entscheidend ist, wo jetzt Geld herkommt. Was später passiert, ist eine zweite Frage.“ NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) indes ist sehr angetan: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das möglich ist“, sagte er zu dem Kanzler-Vorschlag.

Der Solidarpakt II mit einem Umfang von über 100 Milliarden Euro war im vergangenen Sommer zwischen Bund und Ländern vereinbart worden – und soll von 2005 bis 2019 gelten. Ihn vorzuziehen und durch erhöhte Kreditaufnahmen zu finanzieren bedeutet, die Stabilitätskriterien von Maastricht zu gefährden. Versuche, den „Soli II“ vorzuziehen, waren deshalb in der Vergangenheit gescheitert. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hatte es unter Hinweis auf die Finanznot der Gemeinden versucht – damals erfolglos.

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