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Nowaja Gaseta: Kritischer russischer Zeitung droht Entzug der Lizenz

Noch vor einem Jahr lobte Medwedew die Zeitung Nowaja Gaseta - nun droht dem Blatt der Entzug der Drucklizenz. Angeblicher Grund ist die Verbreitung von faschistischen Gedankenguts.

Moskau - Russlands Präsident Dmitri Medwedew hatte die kritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ ausdrücklich gelobt. Beim Interview im April 2009 hob er das Engagement des Blattes für Demokratie und dessen Publikationen über Umtriebe russischer Neonazis hervor. Heute rechnet Vizechefredakteur Sergej Sokolow mit Entzug der Drucklizenz – wegen Verbreitung faschistischen Gedankenguts.

Dabei hatte das Blatt nur aus dem Programm einer Neonaziorganisation zitiert. Der Gruppe Russki obraz (Russisches Bild) wird der Mord an der Journalistin Anastassia Baburowa vorgeworfen, die in der „Nowaja“ über die rechtsextreme Szene geschrieben hatte. Im Januar 2009 war die 24-Jährige zusammen mit dem Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow in Moskau erschossen worden. Zwei Tatverdächtige wurden im Herbst letzten Jahres festgenommen, beide sind Mitglieder von Russki obraz, einer von ihnen ist in Teilen geständig. Als Tatmotiv nannte er Rache.

Zwar zwangen Verschärfungen des Extremismusgesetzes neonazistische Vereinigungen bereits 2005 in den Untergrund. Ihre Ansichten können viele davon jedoch nach wie vor ungehindert verbreiten. Auch die Website von Russki obraz ist noch zugänglich. Für die „Nowaja“, die parallel zur Staatsanwaltschaft zum Mord an den beiden Bürgerrechtlern recherchiert, war das Anlass, sich kritisch mit staatlicher Nachsicht gegenüber faschistoiden Tendenzen auseinanderzusetzen. Dennoch verwarnte die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor nicht die Neonazis, sondern deren Kritiker.

Die „Nowaja“, schreibt Vizechefredakteur Sokolow, habe versucht, die Verwarnung vom 31. März anzufechten, sei damit jedoch gescheitert. Ein Moskauer Gericht habe sie in zweiter Instanz für rechtens erklärt und die Berufungsklage des Blattes abgewiesen. Bei einem zweiten Verweis sieht das Extremismusgesetz den Entzug der Drucklizenz vor. Die „Nowaja“ gehört zu den letzten Bastionen kritischer Berichterstattung in Russland. Mehrere Mitarbeiter des Blattes wurden ermordet, darunter die Starreporterin Anna Politkowskaja.

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