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NPD: Feindliche Übernahme unter braunen Kameraden

Die NPD reklamiert den Osten als Markt für sich und verdrängt die DVU – die hofft auf eine Zukunft im Westen.

Von Frank Jansen

Berlin - Wutgeheul bei der DVU, eiskaltes Managergebaren in der NPD – der Bruch des Wahlabsprachen-Kartells der beiden Parteien, 2005 als „Deutschland-Pakt“ intoniert, gewährt einen Blick auf die mentale Lage des rechtsextremen Spektrums. DVU-Chef Matthias Faust empört sich im Internet, die NPD habe seine Partei „im wahrsten Sinne des Wortes verraten“. Das Ende des Pakts trifft die DVU hart: Sie kann kaum noch hoffen, bei der Wahl in Brandenburg ein drittes Mal den Einzug ins Parlament zu schaffen. Nach zehn Jahren im Potsdamer Landtag droht der Fraktion das Aus – weil sie ihr schon länger bröckelndes Wählerpotenzial nun obendrein mit der NPD teilen muss.

Der Verdrängungswettbewerb zeugt aber auch von einer tiefen Kluft im ultrarechten Spektrum. Das Ende des Deutschland-Pakts ist da ein bedeutsamer Indikator, aber nicht der einzige. In kapitalistischer Manier reklamiert die NPD den Osten als Markt für sich. Mit antikapitalistischen Parolen. So eroberte die Partei Mandate in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie viele Sitze in kommunalen Vertretungen. Und im Bündnis mit den in Ostdeutschland zahlreichen Jungnazi-Cliquen nistet sich die NPD im Alltag ein. Das sind strategische Vorteile gegenüber der DVU, die fast nur bei Wahlen Präsenz zeigt und dann Stimmungen nutzt, aber weitgehend Phantompartei geblieben ist.

Die NPD drängt bereits seit Monaten darauf, östliche Restposten der DVU abzuräumen. Zunächst sicherte sich die NPD noch in Form einer freundlich vereinbarten Übernahme den Antritt bei der Wahl in Thüringen am 30. August – wo die DVU für sich keine Chance mehr sah. Jetzt folgte der unfreundliche Coup in Brandenburg. Und die DVU ist machtlos. Der NPD-Beschluss, den Pakt zu brechen, erfolgte zwei Tage nach dem Ende der Frist zur Einreichung von Kandidatenlisten in Thüringen und Sachsen. Die DVU kann sich nicht für den Verrat in Brandenburg mit einem Antritt in Thüringen und Sachsen revanchieren, wo die NPD auf fünf Prozent hofft. Und es dürfte die NPD kaum schocken, dass aus der DVU nun gedroht wird, auch an der Bundestagswahl teilzunehmen. Da hat keine rechtsextreme Partei Chancen.

Die NPD konzentriert alle Kräfte auf den Osten, auch um sich die dringend benötigte Zufuhr staatlicher Gelder durch die Wahlkampfkostenerstattung zu sichern. Im Westen hält sich die NPD zurück – weil sie hier mit ihrem braunen Ambiente stärker stigmatisiert ist als in den neuen Ländern. So ist der Bruch des Deutschland-Pakts auf makabere Weise auch eine Ost-West-Geschichte. Zumal der neue DVU-Vorsitzende Faust, der im Januar den Parteipatriarchen Gerhard Frey ablöste, einen westkompatiblen Kurswechsel anstrebt. Hin zu einem Rechtspopulismus nach dem Vorbild erfolgreicher Protestparteien in den Niederlanden, Belgien und anderen Nachbarstaaten. Mit betonter Islamophobie, ohne Judenhass und Fundamentalopposition gegen die Demokratie à la NPD.

Da trifft sich die DVU mit den Resten der „Republikaner“ und den Islamfeinden von „Pro Köln“. Der zur DVU übergelaufene Andreas Molau, Ex-Funktionär der NPD und dort als Reformkosmetiker gescheitert, träumt gar von einer Partei „Die Rechte“. Die NPD stellt sich schon mal darauf ein. Um neuer Konkurrenz vorzubeugen, die auch in den Osten vorstoßen könnte, betont sie jetzt stärker Ressentiments gegen den Islam. Den Wahlkampf in Thüringen will die NPD diese Woche mit „Mahnwachen“ beginnen – vor Moscheen in Erfurt, Jena und Nordhausen.

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