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NRW-MINISTER LASCHET ÜBER MIGRATION UND INTEGRATION: „Wir brauchen mehr Zuwanderung, aber nach klaren Kriterien“

In ihrem Beitrag zum „Nationalen Integrationsplan“, der am Donnerstag verabschiedet wurde, verpflichten sich die Länder zu aktiver Integrationspolitik, der Bundestag beschloss neue Hindernisse für Einwanderer und Flüchtlinge. Finden Sie diese Migrationspolitik plausibel?

In ihrem Beitrag zum „Nationalen Integrationsplan“, der am Donnerstag verabschiedet wurde, verpflichten sich die Länder zu aktiver Integrationspolitik, der Bundestag beschloss neue Hindernisse für Einwanderer und Flüchtlinge. Finden Sie diese Migrationspolitik plausibel?

Ich sehe da jedenfalls keinen Widerspruch. Wir brauchen Signale an die Zugewanderten, dass sie willkommen sind und wir uns um sie bemühen. Und wir brauchen mehr Zuwanderung. Aber wir müssen die Kriterien dafür klarmachen. Die oft kritisierte Verpflichtung zum Erwerb elementarer Deutschkenntnisse zum Beispiel halte ich für richtig. Solche Grundkenntnisse kann man sich nicht nur an jedem Ort der Welt beschaffen. Wir stellen damit auch die Männer nachziehender ausländischer Bräute in die Pflicht, ihren Frauen dieses Minimum an Bildung zuzugestehen.

Bayerns Innenminister Beckstein hat sich gegen eine sehr weit gehende Gemeinsamkeit der Länder in der Integrationspolitik gewandt. Halten Sie es für realistisch, auf die Gemeinsamkeit der Länder zu setzen und auf eine Politik, die den Migranten Angebote macht?

Ja. Ich bin der Meinung, dass man mit dem Thema keine Wahlen mehr gewinnen kann. Die Gesellschaft hat erkannt, dass Integrationspolitik wichtig ist und dass wir es uns wegen des demografischen Wandels überhaupt nicht mehr leisten können, auf die Fähigkeiten und die Arbeitskraft der hier lebenden Zuwanderer zu verzichten. Das mag wenig selbstlos klingen, aber es ist entscheidend. Und ich denke, dass der künftige Ministerpräsident Beckstein die Dinge in anderem Licht sehen wird als der Innenminister Beckstein.

Schleswig-Holsteins Innenminister Stegner, mit dem zusammen Sie den Länderbeitrag formuliert haben, befürwortet den Doppelpass für Türken. Sie auch?

Es gibt vieles, was dafür, und vieles, was dagegen spricht. Dagegen spricht zum Beispiel das völkerrechtliche Prinzip, Doppelstaatsbürgerschaft zu vermeiden. Ich glaube auch nicht, dass sie der Integration dient. Integration heißt für mich, dass viele Türkischstämmige in Deutschland Deutsche sind und nicht als Deutschtürken nur halb als Deutsche angesehen werden dürfen. Natürlich sehe ich auch den Konflikt vieler junger Türkischstämmiger, die sich demnächst mit achtzehn für einen Pass entscheiden müssen: Wählen sie den türkischen, setzen sie sich dem Vorwurf aus, sie wollten sich nicht integrieren. Nehmen sie den deutschen, ist das wie ein amtlicher Bruch mit den eigenen Wurzeln, der eigenen Familie.

In deutschen Städten sind inzwischen um die 40 Prozent der Menschen Migranten, viele haben Eltern unterschiedlicher Nationalität und damit zwangsläufig zwei Staatsangehörigkeiten.

Ehrlicherweise muss man sagen: Ja, das Prinzip wird nicht konsequent beachtet. Es gibt jetzt Wichtigeres in der Integrationspolitik.

Das Gespräch führte Andrea Dernbach

Armin Laschet (46) ist als Minister im nordrhein-westfälischen

Kabinett für Integration zuständig. Der CDU-

Politiker war früher

Mitarbeiter von

Rita Süssmuth.

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