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Auskunft nach dem Treffen. Über Personalfragen haben SPD-Landeschefin Hannelore Kraft und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in der ersten Runde nicht gesprochen.

© ddp

NRW-Sondierung: Wunden lecken

Beim ersten Sondierungsgespräch von Sozial- und Christdemokraten in Nordrhein-Westfalen sind die Verletzungen aus dem Wahlkampf noch spürbar.

Der Auftritt ist für die beiden Hauptdarsteller noch ungewohnt. Jürgen Rüttgers und Hannelore Kraft warten einen kleinen Moment, bis die Sichtblenden zur Seite geräumt werden, die sie in den zurückliegenden Stunden vor den Blicken der neugierigen Journalisten geschützt haben. Als die freundlichen Helfer in einem Düsseldorfer Hotel das geschafft haben, setzen sie sich langsam in Bewegung; natürlich wissen sie, dass unzählige Kameras ab jetzt jede Regung einfangen. Sowohl Hannelore Kraft als auch Jürgen Rüttgers geben sich betont freundlich, versuchen aber auch nicht unangemessen fröhlich zu wirken.

Dass sich die Anspannung auch körperlich lösen muss, kann der amtierende Regierungschef wenig später nicht verbergen. Während die sozialdemokratische Verhandlungsführerin als Einladende von ihrem Recht auf das erste Statement Gebrauch macht, knetet er unentwegt seine Finger. Hannelore Kraft spricht wechselweise von einer „sachlichen“ oder „offenen“ Atmosphäre und bescheinigt sich und Jürgen Rüttgers, in den zurückliegenden drei Stunden mit „großer Ernsthaftigkeit“ verhandelt zu haben.

Dabei vermeidet sie das Wort „verhandeln“. Für beide Partner ist der ungewohnte Auftritt Teil der „Sondierungsgespräche“. Bevor man wirkliche Koalitionsverhandlungen aufnimmt, wollen und müssen sowohl Christ- wie Sozialdemokraten die eigene Basis befragen. Die größeren Schwierigkeiten dürften dabei freilich auf Seiten der SPD liegen, weil man die Erfahrungen aus der großen Koalition in Berlin noch nicht verarbeitet hat und wenig Neigung zeigt, einen ähnlichen Weg wie die Parteifreunde im Bund zu gehen. Jürgen Rüttgers weiß das genau, deshalb spricht er wenig später ausdrücklich an, was in den Stunden zuvor etliche Debatten beflügelt hat: „Das ist hier ein Sondierungsgespräch zwischen zwei Parteien, die gedanklich nicht darauf eingerichtet waren, dass sie miteinander Gespräche führen müssen.“ Er formuliert bewusst vorsichtig, redet viel davon, dass man nun versucht, eine gemeinsame Plattform zu finden und bescheinigt auch, dass man mit großer „Ernsthaftigkeit“ in die weitere Runde geht. Am Ende hat man sich auf den kommenden Dienstag vertagt. „Wir haben noch nicht alle Themenfelder ausdiskutiert“, begründet Hannelore Kraft den Anlauf für den zweiten Versuch. Inhaltlich bleiben sowohl Kraft wie Rüttgers vage, sie geben nur zu erkennen, dass man damit begonnen hat, den harten Wahlkampf aufzuarbeiten. Außerdem wurde über die Kommunalfinanzen sowie die Themenbereiche Ökologie und Industrie gesprochen.

Vor allem das erste Thema hatte etliche Wunden gerissen, die noch längst nicht verheilt sind. Die Sozialdemokraten hatten allerdings eine Art Arbeitsteilung verabredet. „Massiv, aber freundlich im Ton“ hat einer der sozialdemokratischen Verhandler an die CDU-Attacken gegen die eigene Spitzenkandidatin erinnert und darauf hingewiesen, dass man dies nicht so einfach zu den Akten legen könne. „Es geht hier nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um eine Methode“, heißt das in seinen Worten. Die Christdemokraten waren sichtlich betroffen und verteidigten sich mit dem Hinweis darauf, dass so etwas in Wahlkampfzeiten eben passiere und auch bei ihnen die eine oder andere Wunde geschlagen worden sei. Mit dieser Antwort gaben sich die Genossen allerdings nicht zufrieden. Sie verlangten „einen Wechsel in der politischen Kultur“.

Ob aus den Sondierungen mehr wird, mochten danach weder Hannelore Kraft noch Jürgen Rüttgers sagen. „Das wird noch ein Stück Arbeit werden“, sagte dazu der amtierende Ministerpräsident, der sich genauso wie seine Gegenspielerin jeden Hinweis auf den eigenen Machtanspruch versagte. Über Personen haben sie ohnehin noch nicht geredet.

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