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NRW: Zwei Wahlgänge für die Linke

Die Kandidatin der Linkspartei zur Wahl der Vizepräsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags ist erst im zweiten Wahlgang gewählt worden. Trotz der Wahlpanne will sich die Linksfraktion bei der Wahl der Ministerpräsidentin enthalten.

Für eine knappe Stunde herrscht am späten Dienstagnachmittag Aufregung im Landtag. Die umstrittene Kandidatin der Linken für das Parlamentspräsidium, Gunhild Böth, ist soeben durchgefallen. Auf den Fluren des Düsseldorfer Rundbaus wird fleißig darüber spekuliert, was das für Hannelore Kraft bedeuten könnte. „Das ist kein gutes Signal“, entfährt es einem der führenden Köpfe, denn natürlich muss man jetzt die Reaktion der Linken fürchten, die möglicherweise noch einmal darüber nachdenkt, ob sie der Sozialdemokratin Kraft am Mittwoch Mittag wirklich durch die angekündigte Enthaltung ins Amt verhelfen wird.

Während die Nervosität bei Roten und Grünen angesichts dieser Ausgangslage steigt, klopfen sie sich in den Reihen der abgewählten Regierungsfraktionen kräftig auf die Schenkel. Karl Josef Laumann, der neue CDU-Fraktionschef, hilft den rätselnden Journalisten mit einer ungewöhnlichen Interpretation der Zahlen. „78 Stimmen, das ist die rote Volksfront“, ruft er aus, denn in der Tat hatte die linke Kandidatin Gunhild Böth im ersten Wahlgang nicht mehr Stimmen erhalten; Sozialdemokraten und Linke haben exakt 78 Stimmen im Landtag.

Für die Linke war dies eine erste bittere Erfahrung in Düsseldorf: sie hatten sich frühzeitig gegen die SPD und deren Anspruch auf den Präsidentenjob im Landtag gestellt und offen dafür plädiert, den CDU-Mann Eckard Uhlenberg zu wählen. „Das ist in Demokratien so üblich, dass die Partei mit den meisten Stimmen den Präsidenten stellt“, hatte die linke Fraktionsspitze gesagt und anschließend mitgeholfen, dass der bisherige Umweltminister Uhlenberg eine neue repräsentative Aufgabe hat. Weil Uhlenberg als erstes mit einer breiten Mehrheit von 158 Stimmen gewählt wird, können CDU und FDP anschließend gegen Gunhild Böth votieren. Die Linke hatte sich im Wahlkampf mit zweifelhaften Äußerungen zur DDR belastet; sie hielt den anderen deutschen Staat „in toto nicht für einen Unrechtsstaat“.

Nach der Unterbrechung und erneuten Fraktionssitzungen präsentiert die Linke die umstrittene Kandidatin ein zweites Mal. Grüne und SPD hatten der Linken unterdessen zugesagt, dieses Mal geschlossen für Böth stimmen zu wollen. Genauso kam es, die Linke wurde mit 100 Stimmen ins Amt gehoben. Damit hatten CDU und FDP erreicht, was sie wollten: ihr Kandidat war mit den Stimmen der Linken gewählt, trotzdem konnten sie hinterher über die Volksfront-Mehrheit für die linke Parlamentsvizepräsidentin schimpfen. Wie sehr einige bei der CDU darüber empört waren, machte Jürgen Rüttgers deutlich. Als am Ende das gesamte neugewählte Präsidium vom Parlament beklatscht wurde, schaute Rüttgers demonstrativ zur Seite, er rührte keine Hand.

Rüttgers hat sich inzwischen auch entschieden, den Parteivorsitz früher als geplant abzugeben. Deshalb müssen sich die potenziellen Bewerber jetzt rasch entscheiden, ob sie antreten wollen: Neben Generalsekretär Andreas Krautscheid sind es der bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden gescheiterte Armin Laschet und Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Nicht wenige rechnen in Düsseldorf damit, dass diese für die Union wichtige Entscheidung nicht von einem Parteitag, sondern von der Basis gefällt werden wird. Das käme Laschet entgegen, der fürchten muss, dass Krautscheid bei den Funktionären vorn liegen könnte.

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