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Schachtanlage Asse. Es herrscht Verwirrung über den Verbleib von Abfällen aus der NS-Zeit.

© dapd

NS-Atombombenforschung: Atomabfälle in Asse oder Atlantik

Abfälle aus der NS-Atombombenforschung könnten im niedersächsischen Endlager liegen – oder vor Portugal im Meer versenkt worden sein.

Der Verbleib der Uranreste aus der Atombombenforschung der Nationalsozialisten gilt bis heute als ungeklärt. Ein 37 Jahre alter Zeitungsbericht legt nahe, dass diese Abfälle im niedersächsischen Atommülllager Asse liegen könnten. Ein Experte widerspricht – das Nazi-Uran sei vermutlich im Atlantik versenkt worden.

In ihrer Ausgabe vom 29. Juli 1974 zitierte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ den damaligen stellvertretenden Asse-Betriebsleiter Alwin Urff mit einer bemerkenswerten Aussage. „Als wir 1967 mit der Einlagerung begannen, hat unsere Gesellschaft (die Gesellschaft für Strahlenschutz, GSF, war damals Asse-Betreiber, Anm.d.R.) als Erstes radioaktive Abfälle aus dem letzten Krieg versenkt, jene Uranabfälle, die bei der Vorbereitung der deutschen Atombomben anfielen“, sagte der längst verstorbene Asse- Mann dem Blatt. „Die mußten wir nämlich aus Betonbunkern in der Nähe von München herausholen, wo sie seinerzeit deponiert worden waren, weil man damals ja nicht wußte, wo in drei Teufels Namen man das Zeug denn lassen sollte.“

In den letzten Kriegsjahren arbeiteten die Nationalsozialisten mit Hochdruck an der Entwicklung einer Atombombe. Trotz einiger Erfolge gelang es ihnen aber nicht, eine kontrollierte nukleare Kettenreaktion in Gang zu setzen. Als die britische Luftwaffe im Herbst 1943 mit ihren Angriffen auf Berlin begann, zogen die beteiligten Forscher nach Thüringen und Bayern um.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), seit 2009 verantwortlich für die Asse, weiß nichts über Uranmüll aus der Atombombenforschung im Bergwerk. „Fakt ist, dass in der Asse auch Uran eingelagert wurde“, sagt Behördensprecher Werner Nording. Er verweist auf die äußerst lückenhaften Akten, die dem Bundesamt beim Betreiberwechsel – die GSF ging nach mehreren Umbenennungen ins Helmholtz-Zentrum München über – ausgehändigt wurden.

Ein Strahlenschutzexperte sagte jetzt dem Tagesspiegel, es gebe Hinweise, dass deutscher Uranmüll aus dem Zweiten Weltkrieg im Mai 1967 ins Meer gekippt worden sei. Als möglichen Ort der Verklappung nannte er das Iberische Becken vor der portugiesischen Atlantikküste. Nach Ansicht des Experten, der namentlich nicht genannt werden möchte, hat Urff mit seiner Aussage nicht gemeint, dass der Müll in das Bergwerk gebracht wurde. Vielmehr habe er ausdrücken wollen, dass die alten Uranrückstände vor Beginn des Asse-Betriebs im Meer versenkt worden seien.

Ausgeschlossen erscheint das nicht. Denn bereits im Frühjahr 2009 bestätigte die niedersächsische Landesregierung Informationen der Grünen, dass im Mai 1967 deutscher Atommüll aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe 400 Kilometer von der portugiesischen Küste entfernt verklappt wurde. Die rund 180 Tonnen schwach radioaktive Abfälle wurden den Angaben zufolge aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe angeliefert und im Emdener Hafen auf das britische Schiff „Topaz“ verladen. Bei der Aktion seien gleichzeitig mehrere hundert Tonnen niederländischer, belgischer und französischer Atommüll versenkt worden.

Nach Angaben der Grünen im niedersächsischen Landtag weigerten sich damals Schauerleute im Hafen, das Schiff zu beladen. Erst daraufhin habe das Gewerbeaufsichtsamt Radioaktivitätsmessungen veranlasst. Hinweise, dass es sich bei den aus Karlsruhe abgeschickten und im Meer versenkten Abfällen teilweise um Reste des NS-Urans handeln könnte, gab es in der Vergangenheit nicht.

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