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Ort der Erinnerung: In Oradour-sur-Glane töteten SS-Mitglieder Frauen, Kinder und Männer.

© AFP

NS-Kriegsverbrechen: Gericht lehnt Verfahren wegen Massakers von Oradour ab

Es war eines der schlimmsten Kriegsverbrechen: Im Juni 1944 ermordeten Mitglieder der SS im Dorf Oradour-sur-Glane Hunderte Zivilisten. Nun hat das Landgericht Köln es abgelehnt, das Verfahren gegen einen 89-Jährigen zu eröffnen.

Mehr als 70 Jahren nach dem SS-Massaker im französischen Oradour-sur-Glane hat das Landgericht Köln die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen angeklagten 89-jährigen Kölner abgelehnt. Es sei unwahrscheinlich, dem Angeschuldigten nachweisen zu können, dass er sich an den SS-Morden in dem zentralfranzösischen Ort beteiligt habe, befand das Gericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Der Angeklagte hatte nach Angaben des Gerichts gesagt, er sei bei dem Massaker an Zivilisten in Oradour-sur-Glane zwar anwesend gewesen, er habe selbst aber weder geschossen noch Bewachungs- oder Transportaufgaben übernommen. Diese Darstellung des Rentners werde "mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln voraussichtlich nicht zu widerlegen sein", befand das Kölner Landgericht. Zwei Nebenkläger werden Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen, wie Thomas Walther, Anwalt eines Nebenklägers, am Dienstag sagte.

SS ermordete 1944 mehr als 642 Zivilisten

Die für die Verfolgung von NS-Verbrechen zuständige Staatsanwaltschaft Dortmund wirft dem Mann vor, gemeinsam mit anderen Mitgliedern seiner Kompanie 25 Menschen getötet zu haben. Zudem wird ihm Beihilfe zum Mord an hunderten weiteren Menschen zur Last gelegt.

Bei dem Massaker in Oradour-sur-Glane waren am 10. Juni 1944 insgesamt 642 Zivilisten von SS-Soldaten ermordet worden, darunter 452 Frauen und Kinder. Die Bewohner wurden in der Ortsmitte zusammengetrieben, Frauen und Kinder von den Männern getrennt und in der Kirche eingesperrt. Die Männer wurden auf mehrere Scheunen verteilt.

Dann eröffneten die Soldaten das Feuer, erst auf die Männer, danach auf die Frauen und Kinder. Die Scheunen, die Kirche und andere Gebäude steckten die SS-Leute in Brand. Nur wenige Einwohner überlebten das Massaker, an dem mindestens 120 Soldaten der 3. Kompanie des SS-Panzergrenadierregimentes "Der Führer" beteiligt waren, die zur 2. SS-Panzerdivision "Das Reich" gehörten. Die Division war nach schweren Verlusten an der Ostfront nach Südwestfrankreich verlegt worden.

Im September 2013 besuchte Bundespräsident Joachim Gauck den Ort des Massakers und gedachte gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Francois Hollande der Opfer. Er war der erste hohe Repräsentant Deutschlands, der das tat. Wie bei seinen Besuchen in Tschechien und Italien, wo er die Märtyrer-Orte Lidice beziehungsweise Sant'Anna di Stazzema in der Toskana aufgesucht hatte, wollte Gauck auch in einem betroffenen französischen Ort ein Zeichen zu setzen. AFP/Tsp

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