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Die zwei Herren protestieren in Hannover gegen NSA-Praktiken.

© dpa

NSA-Affäre: US-Geheimdienst infiltriert bis zu 100.000 Computer weltweit

In bis zu 100.000 Computern und Netzwerken sitzt die NSA - ohne, dass die Rechner überhaupt ans Internet angeschlossen sind. Experten empfehlen der US-Regierung dennoch, am Programm festzuhalten. Das dürfte auch die anstehende Debatte im Bundestag befeuern.

Am Freitag wird Präsident Obama ankündigen, welche Empfehlungen der fünfköpfigen Expertengruppe zur bisherigen Überwachungspraxis der NSA er übernehmen möchte. Denn auch in den USA sind nicht allen die Techniken des Geheimdienstes geheuer. Jedoch nicht unbedingt aus denselben Gründen wie in Deutschland. Wie die "New York Times" im Bezug auf Mitglieder der Expertengruppe berichtet, stehen hier mehr Wirtschafts- und eigene Sicherheitsinteressen im Vordergrund.

Zum Beispiel werden die Sorgen aus dem Silicon Valley sehr ernst genommen, dass Berichte über eingesetzte Spionagesoftware den weltweiten Verkauf amerikanischer Laptops oder Computer schädigen könnte. Richard A. Clarke, einst Mitglied sowohl der Clinton als auch der Bush-Regierung, betont zudem: die eigene Sicherheit sei wichtiger als Angriffe auf fremde Computersysteme. Deshalb sollten öffentlich zugängliche Verschlüsselungssysteme nicht weiter von der Regierung bewusst geschwächt werden.

Chinas Militär, aber auch die EU werden ausspioniert

Das NSA-Programm an sich aber sollte nach Ansicht der Experten nicht eingestellt werden. So hob der frühere Vize-Chef der CIA, Michael Morell, bei einer Anhörung des Justizausschuss des Senats hervor, das Programm müsse nur einmal erfolgreich sein, um "unschätzbar" für die Terrorabwehr der USA zu sein. Es sei geeignet, "eine katastrophale Attacke gegen die USA abzuwenden".

Passend dazu enthüllt die "New York Times" weitere NSA-Techniken im Aussponieren fremder Computer, die gar nicht mit dem Internet verbunden sind. Demnach hat die NSA im Rahmen des Programms "Quantum" weltweit an die 100.000 Computer mit eigener Software infiltriert. Über diese können sämtliche Daten in Sekundenschnelle abgerufen werden. Dabei handelt es sich offenbar um Rechner des chinesischen und des russischen Militärs, aber auch Computer in Einrichtungen der Europäischen Union, der mexikanischen Polizei und mexikanischer Drogenkartelle, sowie in Saudi Arabien, Indien und Pakistan. In den USA selbst sei diese Technik nicht eingesetzt worden.

Die Software selbst gelangt über eine spezielle Hardware ins Gerät, die offenbar ein Spion, möglicherweise bereits der Hersteller oder der - unwissende - Nutzer selbst dort einbaut. Ist dies geschehen, werden dann vom Gerät Signale ausgesandt, die als Radiowellen bei einer Empfangsstation eingehen, die nicht größer als ein Aktenkoffer ist und auch zwölf Kilometer entfernt vom infiltrierten Computer selbst noch funktionieren kann.

Unions-Innenexperte erwägt wirtschafliche Konsequenzen

Das neue an diesen Enthüllungen ist nach den Worten von James Andrew Lewis am "Center for Strategic and International Studies" nicht die Technik, die der Geheimdienst anwendet. Es sei vielmehr die schiere Anzahl als auch die hoch entwickelte Fähigkeit der NSA, Computer und Netzwerke zu infiltrieren, zu denen es bisher keinen Zugang gab, zitiert die New York Times den Sicherheitsexperten.

Offenbar kam diese Technik auch im Zusammenhang mit Angriffen auf iranische Nuklearanlagen zum Einsatz. Demnach begann das Programm "Olympische Spiele" etwa 2008; die Angriffs-Software wurde dann 2010 aufgrund eines technischen Fehlers entdeckt, was dann unter dem Namen "Stuxnet" bekannt wurde.

Der Bundestag in Berlin wird sich an diesem Mittwoch in einer Aktuellen Stunde ebenfalls mit den Praktiken der NSA beschäftigen. Nachdem am Dienstag öffentlich geworden war, wie schlecht es in den Verhandlungen um eine Geheimdienst-Abkommen zwischen Deutschland und den USA steht, ist eine angeregte Debatte zu erwarten. Der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) hatte sogar wirtschaftliche Sanktionen für den Fall eines Scheiterns angeregt. Bisher war man gerade von Regierungsseite her darum bemüht, die NSA-Affäre möglichst klein zu halten.

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