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Der Vorsitzende des NSU-Ausschusses, Sebastian Edathy (SPD), bei der Vorstellung des Abschlussberichts.

© dpa

NSU-Ausschuss: "Beispielloses Versagen der Behörden"

Der NSU-Ausschuss hat seinen Abschlussbericht vorgelegt - und ein vernichtendes Urteil über die Leistung der deutschen Sicherheitsbehörden gefällt. Unter den verschiedenen Stellen habe es bisweilen mehr Konkurrenz als Kooperation gegeben.

Berlin - Der Untersuchungsausschuss zur Mordserie des rechtsextremen NSU hat zum Abschluss seiner Tätigkeit ein vernichtendes Urteil über die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland gefällt. Die zahlreichen Ermittlungspannen seien ein „historisch beispielloses Desaster“ gewesen, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Abschlussberichts des Ausschusses. „Die Gefährlichkeit militanter Neonazis darf nie wieder unterschätzt werden.“

Bisweilen habe es zwischen den Sicherheitsbehörden mehr Konkurrenz als Kooperation gegeben, sagte Edathy weiter. Es dürfe nicht sein, dass die Ermittlungsarbeit davon abhänge, ob ein Opfer einer ethnischen Minderheit angehöre.

Edathys Stellvertreter Stephan Stracke sprach von einer „beschämenden Niederlage“ der deutschen Sicherheitsbehörden. Der große Teil der Zeugen im Ausschuss habe diese eingestanden. „Sie stehen dazu, und es nagt an ihnen“, sagte der CSU-Politiker. Mit Blick auf teils fehlende Kooperation der Länderpolizeibehörden, sagte Stracke, die „Hürden des Föderalismus“ seien bei den Ermittlungen oft nicht überwunden worden.

Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) um die in München vor Gericht stehende Beate Zschäpe soll für Morde an zehn Menschen, darunter neun Migranten, verantwortlich sein. Das rassistische Motiv der zwischen 2000 und 2007 begangenen Taten wurde erst 2011 deutlich, auch, weil wegen Fremdenfeindlichkeit zuvor gar nicht ermittelt worden war. Um ein mögliches Behördenversagen bei den Ermittlungen aufzudecken, hatte der Bundestag Anfang 2012 den Ausschuss eingesetzt.

In dem nun einstimmig gebilligten Abschlussbericht heißt es: „Die Analyse der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern zur rechtsterroristischen Gefahr war falsch und grob verharmlosend.“ Die Abgeordneten fordern, dass künftig der mögliche rassistische Hintergrund einer Tat immer geprüft wird. Auch müssten Polizisten im Umgang mit Migranten besser geschult werden. Zudem soll der Generalbundesanwalt einen Fall an sich ziehen können, auch wenn nicht sofort ein Terrormotiv zu erkennen ist. Für den Einsatz von V-Leuten soll es einheitliche Vorgaben geben.

Keine Beweise fand der Ausschuss für die Vermutung, dass Sicherheitsdienste mit gewaltbereiten Rechtsradikalen kooperiert haben. Über den 1357 Seiten umfassenden Bericht berät der Bundestag am 2. September in einer Sondersitzung.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu lobte die Aufarbeitung der Mordserie. Nach einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP) in Berlin dankte er der Bundesregierung für die „sehr entschlossene und entschiedene Haltung“ Deutschlands. „Wir schätzen das sehr.“

Westerwelle nannte die Aufklärung der Morde „nicht nur eine wichtige Maßnahme zur Aufklärung nach innen hier in Deutschland“, es sei auch ein wichtiges Signal der Vertrauensbildung in die Welt. „Terrorismus und Extremismus haben keinen Platz in Deutschland und werden konsequent verfolgt.“mit AFP/epd

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