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Der Streit um das Akkreditierungsverfahren am OLG München für den NSU-Prozess geht weiter.

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Update

NSU-Prozess: 55 Abgeordnete appellieren an Gericht

Nächste Woche beginnt der Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und seit Wochen gibt es massive Kritik am Oberlandesgericht München wegen des Akkreditierungsverfahrens für Journalisten. Jetzt haben sich 55 Bundestagsabgeordnete eingeschaltet.

Der Streit um die Akkreditierung von Journalisten für den am nächsten Mittwoch beginnenden NSU-Prozess geht weiter. Am Donnerstag haben 55 Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linken das Oberlandesgericht München aufgefordert, doch noch türkische Medienvertreter einen Platz zu garantieren. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, "dass hier eine breite internationale Öffentlichkeit, Medien und Migrantinnen und Migranten vom Prozess ausgeschlossen werden", heißt es in dem Appell.

"In diesem Sinne wäre es förderlich, wenn die breite Beteiligung der internationalen Medien, das schließt vor allem türkische und griechische Medien ein, entsprechend der gegebenen Spielräume ermöglicht würde", fordern die Unterzeichner. Das Oberlandesgericht hatte die Presseplätze nach der Reihenfolge der eingegangenen Anträge bearbeitet. Die türkische Zeitung "Sabah" hat per Eilantrag Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, über die die Karlsruher Richter in den kommenden Tagen entscheiden werden.

"Gerade auch in diesem Strafverfahren sollte das Motto sein: Nicht das Interesse der Öffentlichkeit und der Medien an diesem einmaligen Prozess muss sich dem zur Verfügung gestellten Raum anpassen, sondern umgekehrt: Dem großen Interesse muss der entsprechende Raum gegeben werden", heißt es in dem Appell (hier zum Download als pdf). weiter. Die Initiatoren des Aufrufs sind die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özuguz sowie die Abgeordneten Sevim Dagdelen (Linke) und Mehmet Kilic (Grüne).

Nicht unterschrieben ist der Appell von den Mitgliedern des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages. Dies habe aber weniger inhaltliche Gründe, hieß es aus Ausschusskreisen, sondern das taktische Empfinden gegenüber dem Gericht spiele da eine Rolle. Denn der Ausschuss selbst agiere gerichtähnlich und möglicherweise müsse der Ausschuss auch noch im Prozess mit dem Gericht in Verbindung treten und da hätten sich die Ausschuss-Mitglieder darauf verständigt, sich nicht an dem Appell zu beteiligen. Auch keine Rückmeldung auf den Aufruf habe es von Union und FDP gegeben. Allerdings gab es in den vergangenen Tagen auch von FDP- und Unionspolitikern Kritik an der Platzvergabe des Gerichts.

Auch die Journalistenverbände DJV und dju forderten am Donnerstag einen Neustart des Akkreditierungs-Verfahrens. Das Gericht hatte in einer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht zugegeben, einige Medien später als andere über den Start der Akkreditierung informiert zu haben. Zudem waren demnach einige Journalisten über den ungefähren Zeitpunkt des Akkreditierungsbeginns vorab informiert. Der DJV erklärte, damit seien die 50 Presseplätze willkürlich vergeben worden.

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) kritisierte, die Benachteiligungen führten dazu, dass sich nun beispielsweise türkische Medien kein eigenes Bild von dem Prozess machen könnten. Wenn das OLG die Plätze neu vergebe und beispielsweise durch eine Simultanübertragung mehr Pressemöglichkeiten schaffe, bestehe die Chance, für menschenwürdige Arbeitsbedingungen während des Prozesses zu sorgen.

Eine Videoüberwachung in einen anderen Raum könnte eine Lösung des Problems sein. Dafür hatten sich zuletzt einige ehemalige Verfassungsrichter ausgesprochen. Nun hat der Präsident des Bundesgerichtshofs (BGH), Klaus
Tolksdorf, bezweifelt, dass eine Videoübertragung des Verfahrens rechtlich zulässig ist. "Ich kann mit Blick auf einschlägige Rechtskommentare nicht unterschreiben, dass solch eine Übertragung unbedenklich ist", sagte Tolksdorf am Mittwochabend. (mit dpa)

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