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Die Angeklagte Beate Zschäpe im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München.

© dpa/Peter Kneffel

NSU-Prozess: Beate Zschäpes nächstes Manöver

Jetzt will sie schuldunfähig sein, ein Psychiater attestiert ihr eine Persönlichkeitsstörung. Das Echo war sarkastisch. Zu Recht? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Einen Mangel an makaberen Momenten kann man dem NSU-Prozess nicht nachsagen. Schon gar nicht in dieser Woche. Die beiden neuen Verteidiger von Beate Zschäpe präsentierten im Oberlandesgericht München einen Antrag, in dem „bei sämtlichen angeklagten Tatzeitpunkten“ die Schuldunfähigkeit der Hauptangeklagten behauptet wird. Wahlweise auch eine verminderte Schuldfähigkeit. Angeblich litt Zschäpe bei den zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen, 15 Raubüberfällen der Terrorzelle sowie bei der Brandstiftung in Zwickau an einer „schweren dependenten Persönlichkeitsstörung“. Demnach war Zschäpe von den NSU-Mördern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos so stark emotional abhängig, dass sie das Unrecht der Taten nicht einsehen konnte.

Der Antrag löste bei Prozessteilnehmern ungläubiges Staunen und Sarkasmus aus. „Eine marschiert übers Kuckucksnest“, mokierte sich ein Nebenklage-Anwalt in Anspielung auf einen berühmten Psychofilm aus Hollywood. Jedenfalls demonstriert die 42-jährige Zschäpe mit Hilfe der Anwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert, dass ihr in dem nun fast vier Jahre dauernden Prozess immer noch ein neues Manöver einfällt.

Immer wieder hat Zschäpe den Prozess verzögert

Diesmal ist es der Versuch, das für Zschäpe äußerst ungünstige Gutachten des vom Gericht bestellten, renommierten Psychiaters Henning Saß zu kontern. Die Angeklagte hatte sich geweigert, mit Saß, der sie von Prozessbeginn an beobachtet, auch nur ein Wort zu sprechen. Doch sie redete nun, nachdem Saß sein Gutachten präsentiert und Zschäpe uneingeschränkte Schuldfähigkeit bescheinigt hatte, mit dem Freiburger Psychotherapeuten Joachim Bauer. Er soll dann auf die schwere dependente Persönlichkeitsstörung gestoßen sein.

Natürlich hat die Angeklagte das Recht, alle strafprozessualen Möglichkeiten zu nutzen, um das ihr offenkundig drohende harte Urteil des Strafsenats abzuwenden. Doch die behauptete Schuldunfähigkeit passt so gar nicht zu Zschäpes Verhalten im Prozess. Gegenüber ihren Alt-Anwälten Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm tritt sie keineswegs „dependent“ auf, sondern herrisch. Erst vergangene Woche brüskierte Zschäpe die Verteidiger derart, dass diese, wieder einmal, ihre Entpflichtung beantragten. Zschäpe hatte drei Befangenheitsanträge zurückgezogen, die Heer, Stahl und Sturm nach Absprache mit Grasel und Borchert gestellt hatten. Zumindest dieses Manöver ist nun durch.

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