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Die Angeklagte Beate Zschäpe im NSU-Prozess in München.

© dpa

NSU-Prozess - der 199. Tag: Spitzel des Verfassungsschutzes war nah an den Terroristen dran

Carsten Sz. ist eine schillernde Figur, die im NSU-Prozess schon mehrmals aufgetreten ist. Als Spitzel des Verfassungsschutzes soll er Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe ziemlich nahe gekommen sein, wie beim NSU-Prozess deutlich wird.

Von Frank Jansen

Der Brandenburger Verfassungsschutz ist 1998 über einen V-Mann den späteren Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sowie der mit ihnen verschwundenen Beate Zschäpe recht nahe gekommen. Die „Quelle“ habe von August  bis Oktober 1998 über drei untergetauchte „sächsische Skinheads“ berichtet, sagte Gordian Meyer-Plath, ehemals Mitarbeiter der Behörde und heute Präsident des Verfassungsschutzes in Sachsen, am Mittwoch im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Bei dem V-Mann handelte es sich um Carsten Sz., der in der Hauptverhandlung bereits zweimal als Zeuge aufgetreten ist.

Laut Meyer-Plath berichtete Carsten Sz., die drei Untergetauchten wollten sich ins Ausland absetzen, benötigten dazu Geld und wollten Banken überfallen. Der V-Mann habe zudem angegeben, ein sächsischer Rechtsextremist versuche,  Waffen für die drei zu beschaffen. Der Spitzel wusste auch, einer der Untergetauchten habe für das rechtsextreme Szenemagazin „White Supremacy“ einen Artikel verfasst. In zwei Punkten irrte sich Carsten Sz. jedoch: Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe stammten nicht aus Sachsen, sondern aus Thüringen, außerdem waren sie politisch orientierte Neonazis und keine Skinheads. Dennoch waren die Informationen mit die besten, die Sicherheitsbehörden bekamen, nachdem die drei sich im Januar 1998 aus Jena nach Sachsen abgesetzt hatten.

Führende Figur der rechtsextremen Szene

Carsten Sz., zunächst eine der führenden Figuren der rechtsextremen Szene in Brandenburg, hatte sich 1994 aus der Haft heraus dem Verfassungsschutz als Spitzel angeboten. Die Behörde führte ihn bis 2000 als V-Mann im braunen Spektrum, dann wurde Carsten Sz. in einem Medienbericht enttarnt. Meyer-Plath bescheinigte dem V-Mann, seine Angaben seien von „hoher Qualität“ gewesen. Carsten Sz. habe insgesamt ungefähr 50 000 D-Mark Honorar erhalten. Bis heute wird der ehemalige Informant vom brandenburgischen Innenministerium über ein Zeugenschutzprogramm vor Racheakten von Neonazis bewahrt.  

Die Informationen von Carsten Sz. zu den drei untergetauchten „sächsischen Skinheads“ seien an den Verfassungsschutz Sachsen, das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Thüringer Verfassungsschutz weitergegeben worden, sagte Meyer-Plath. Aufgespürt wurden Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, die zunächst in Chemnitz von Rechtsextremisten untergebracht wurden, jedoch nicht. Hätten die Sicherheitsbehörden sie gefunden, wären zehn Morde und weitere schwere Verbrechen verhindert worden.

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