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Leerer Platz. Beate Zschäpe erschien am Mittwoch nicht vor Gericht.

© dpa

NSU-Prozess: Was steckt hinter der Übelkeit von Beate Zschäpe?

Erstmals fällt ein NSU-Prozesstag wegen einer Krankheit Beate Zschäpes komplett aus. Dahinter könnte mehr stecken: Briefe könnten die Angeklagte belasten - und mehr über ihre Persönlichkeit verraten.

Von Frank Jansen

Es wirkt zunächst wie eine Randnotiz. Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München setzte am Mittwoch den Verhandlungstag ab, da die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erkrankt ist. Eine Ärztin hatte Zschäpe am Morgen in der JVA Stadelheim untersucht. Was Zschäpe hat, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl nicht. In Justizkreisen war zu erfahren, die Angeklagte leide weiter an Übelkeit. Doch es könnte auch mehr dahinterstecken. Zschäpe habe Götzl zufolge geäußert, die Übelkeit sei „durch eine schlechte Nachricht ausgelöst“ worden.

Schon am Dienstag hatte der Strafsenat die Befragung eines Zeugen vorzeitig beendet, weil es Zschäpe schlecht ging. Als sie nicht in den Gerichtssaal zurückkehren wollte, gab es einen Disput zwischen Götzl und den Verteidigern. Der Richter überlegte, Zschäpe zwangsweise vorführen zu lassen. Götzl zufolge soll die Angeklagte die Untersuchung durch einen Arzt verweigert haben, da er ihr keine vollständige Schweigepflicht zusichern konnte. Die Verteidiger widersprachen dieser Darstellung. Noch am Dienstag stellten sie einen Befangenheitsantrag gegen den Mediziner. Die Anwälte werfen dem Arzt vor, er habe auf eine körperliche Untersuchung Zschäpes verzichtet, obwohl sie „nach den Regeln der ärztlichen Kunst angezeigt und erforderlich war“.

In Justizkreisen wird vermutet, Zschäpe mache zu schaffen, dass sich der Strafsenat mit drei Briefen befassen will, die sie an einen Häftling der JVA Bielefeld schrieb. Mit dem aus der rechtsextremen Szene stammenden Mann hat sich Zschäpe angefreundet. Zwei der drei Briefe sind den Medien bekannt geworden. In den Schreiben berichtet Zschäpe offen von privaten Interessen und Neigungen, einige Blätter sind mit Zeichnungen verziert. Laut Anklage soll Zschäpe bei den zehn Morden und weiteren Verbrechen der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ die Mittäterin gewesen sein.

Sollte der Strafsenat die Briefe beschlagnahmen lassen und in den Prozess als Beweismittel einführen, würde Zschäpes Persönlichkeit halbwegs transparent. Daran hat die 39-jährige Angeklagte offenbar kein Interesse. Zschäpe schweigt nicht nur zur umfangreichen Anklage, sie verweigert auch jede Äußerung zu ihrer Biografie. Der Strafsenat hat einen psychiatrischen Gutachter bestellt, der Zschäpe im Prozess permanent beobachten und vor der Schlussphase der Verhandlung ein Gutachten vorlegen soll.

Möglicherweise wird der Strafsenat zudem ein forensisch-linguistisches Gutachten zu den Briefen erstellen lassen. Einen entsprechenden Antrag hatten im vergangenen Jahr zwei Nebenklage-Anwälte gestellt. Anlass war ein Bericht des „Stern“. Das Magazin hatte zwei Linguistik-Experten Zschäpes Briefe und ein Manifest des NSU vorgelegt. Die Gutachter sahen Ähnlichkeiten. Das sehen Zschäpes Verteidiger anders. Auch ein Nebenklage-Anwalt äußerte sich kritisch zum Antrag seiner Kollegen.

Ob der Prozess heute fortgesetzt werden kann, ist fraglich. Zudem fällt die Verhandlung in der kommenden Woche aus, allerdings nicht wegen gesundheitlicher Probleme Zschäpes. Auf Anfrage des Tagesspiegels sprach man von einer „Terminkollision“ im Strafsenat.

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