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Der ehemalige Innenminister Nordrhein-Westfalens, Fritz Behrens (SPD), beim NSU-Untersuchungsausschuss in Berlin.

© dpa

NSU-Untersuchungsausschuss: Nordrhein Westfalens Ex-Innenminister widerspricht Otto Schily

Der NSU-Anschlag im Juni 2004 in Köln war Thema im Untersuchungsausschuss. Der Ex-Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, bestreitet damals einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen zu haben. Otto Schily sieht das anders.

Von Frank Jansen

Für einen einst hochrangigen Politiker ist der Sozialdemokrat Fritz Behrens enorm duldsam, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Er habe nicht kurz nach dem Nagelbombenanschlag vom 9. Juni 2004 in Köln öffentlich behauptet, ein terroristischer Hintergrund sei ausgeschlossen, sagte der Ex-Innenminister von Nordrhein-Westfalen am Donnerstag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Bis heute werde in den Medien falsch berichtet, klagte Behrens, der das Amt von 1998 bis 2005 bekleidete. Er habe die Ermittlungen nicht in eine falsche Richtung gedrängt. Doch auf Gegendarstellungen oder Unterlassungserklärungen hat Behrens stets verzichtet.

Es geht um eine Geschichte mit zentraler Bedeutung. Wäre nach dem Anschlag vor dem türkischen Friseursalon in der Keupstraße intensiv in Richtung rassistischer Kriminalität ermittelt und ein Vergleich mit den Erkenntnissen zur Serie von Morden an türkischen Kleinunternehmern angestellt worden, hätte die Terrorgruppe gestoppt werden können, vermuten die Abgeordneten. Bis zum Juni 2004 hatte der NSU bereits fünf Türken erschossen, bei dem Anschlag in Köln wurden 22 Menschen durch herumfliegende Nägel und Splitter verletzt. Nach 2004 ermordeten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fünf weitere Menschen.

Der Ex-Minister gab einerseits zu, es sei ein Fehler gewesen, dass bei den Ermittlungen nach dem Anschlag in Köln „aufkommende Argumente“ zu einem fremdenfeindlichen Hintergrund „immer wieder verworfen wurden“. Doch Behrens bestritt, den Misserfolg bei der Suche nach den Tätern früh mitverschuldet zu haben. Damit gerät er allerdings in Gegensatz zu seinem ehemaligen Amtskollegen Otto Schily (SPD), der von 1998 bis 2005 Bundesinnenminister war.

Schily hatte im April 2012 dem Tagesspiegel gesagt, es sei ein „schwerwiegender Irrtum“ gewesen, nach dem Nagelbombenanschlag in einer gemeinsamen Erklärung mit Behrens zu behaupten, „ersten Ermittlungen zufolge gebe es keinen terroristischen Hintergrund“. Doch Behrens sagte jetzt dem Untersuchungsausschuss, „es gab so eine Erklärung nicht“. Nun steht Aussage gegen Aussage. Und das Verhalten des Landesinnenministeriums schon in den Stunden nach dem Anschlag erscheint fragwürdig.

Der Ausschuss entnahm alten Akten, dass das Landeskriminalamt eine Stunde nach der Tat in einem Fernschreiben von „terroristischer Gewaltkriminalität“ sprach. Diesen Begriff musste das LKA jedoch laut einer Weisung, die eine halbe Stunde später einging, streichen. Der Anschlag sei auf eine „abstrakte, motivlose Ebene heruntergezogen“ worden, kritisierte der CDU-Obmann im Ausschuss, Clemens Binninger.

Behrens sagte, er habe keine Weisung erteilt und sei wegen eines Umzugs nicht im Dienst gewesen. Unklar blieb aber, warum er sich dann am Abend des 9. Juni 2004 erkundigte, wieso der Verfassungsschutz eingeschaltet war.

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