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Politik: Nur der Autoklau boomt

In Oder-Region ist Kriminalität nach Wegfall der Grenzkontrollen rückläufig

Polizeigewerkschaft, Landes- und Kommunalpolitiker sowie Einzelhändler und Gastronomen in der brandenburgischen Grenzregion haben sich vor mehr als einem halben Jahr gründlich geirrt. Sie hatten nach dem Wegfall aller Personen- und Zollkontrollen an den Übergängen zu Polen am 21. Dezember mit einem drastischen Anstieg der Kriminalität gerechnet. Alarmgeräte, Schlösser und Pfefferspray hatten ebenso Konjunktur wie Schreckschusspistolen und andere kleine Waffen.

Doch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) lächelte am Freitag beim Besuch der Grenze in Frankfurt (Oder) zufrieden in die Kameras. „Alle Schreckensszenarien der Zweifler haben sich in Luft aufgelöst“, sagte er. „Das zum 30. Juni vorgelegte Lagebild zeigt keinen Hinweis auf eine Zunahme der Gesamtkriminalität in der Grenzregion.“ Lediglich beim Autodiebstahl in Frankfurt und bei Garagen- und Garteneinbrüchen gebe es eine steigende Tendenz.

Als Musterbeispiel der Kooperation über Ländergrenzen hinweg präsentierte der Minister das im vergangenen Dezember eingerichtete Verbindungszentrum von Polizei und Zoll im ehemaligen Autobahn-Grenzübergang Swiecko. Während draußen Lastwagen und Pkw unentwegt in beiden Richtungen vorbeidonnerten, bearbeiteten Beamte aus beiden Ländern Anfragen nach dem Wohnsitz, nach der Fahrerlaubnis oder dem Telefonanschluss von verdächtigen Personen. Immerhin 8500 „Vorgänge“ liefen seit Jahresbeginn über die Tische der insgesamt 63 Mitarbeiter. „Wir helfen auch bei der sogenannten grenzüberschreitenden Nacheile“, teilte der Kommandant Albert Meurer mit. „Deutsche Polizisten können beispielsweise problemlos einen Autodieb auch hinter der polnischen Grenze verfolgen.“ Allerdings passierte so ein Fall im letzten halben Jahr nur zweimal.

Aufgefallen waren die Diebe auf der Autobahn in Deutschland. Dort fahren die von den Übergangsstellen abgezogenen Beamten jetzt genauso verstärkt Streife wie auf Landstraßen. Täglich sind auch deutsch-polnische Fußstreifen unterwegs, so dass das Grenzgebiet derzeit zu den am stärksten überwachten Regionen Deutschlands gehört. Sicherlich erklärt das den Rückgang der Straftaten im ersten Halbjahr 2008 zum Vergleichszeitraum 2007 um 1374 auf insgesamt 9724 Fälle. Der Anteil der ermittelten polnischen Straftäter ging von 1099 auf 664 zurück. Sie machen damit 13 Prozent aller von der Polizei festgenommenen Personen aus.

Als „Phänomen“ wird im 64 000 Einwohner zählenden Frankfurt die Zunahme der Autodiebstähle betrachtet. „Bei uns verschwanden zwar im ersten Halbjahr 197 Autos, doch 122 davon fanden wir kurze Zeit später wieder“, sagte der Chef des zuständigen Schutzbereichs Burghard Neumann. „Vor allem montags und dienstags werden in den Nächten ältere Pkw mit Gewalt aufgebrochen und entwendet. Nach einigen Tagen tauchen sie dann irgendwo mit erheblichen Beschädigungen und teilweise ausgeschlachtet wieder auf.“ Eine spezielle Ermittlungsgruppe stellte bislang fünf polnische Tatverdächtige. „Aber der größte Teil dieser Diebstähle entfällt wohl auf Einheimische“, meinte Neumann.

Der Innenminister versprach, die bisherige Personalstärke der Landespolizei vorerst nicht zu verringern. „Was die Bundespolizei macht, weiß ich nicht“, sagte er. „Aber wo es keine Grenzen mehr gibt, brauchen wir keine Bundesbeamten mehr. Wir schaffen das auch allein.“

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