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Politik: „Nur die Amerikaner wissen, ob der Schatz noch da ist“ Der Orientalist Sommerfeld über die Plünderungen im Nationalmuseum

Knapp drei Wochen, nachdem in Bagdad das Nationalmuseum von Plünderern heimgesucht wurde, fuhr der Wissenschaftler Walter Sommerfeld in die irakische Hauptstadt. Der Professor für Altorientalistik an der Marburger Universität hat selbst zwei Jahre dort gelebt und kennt die Stadt, ihre Menschen und besonders die Mitarbeiter des Museums gut.

Knapp drei Wochen, nachdem in Bagdad das Nationalmuseum von Plünderern heimgesucht wurde, fuhr der Wissenschaftler Walter Sommerfeld in die irakische Hauptstadt. Der Professor für Altorientalistik an der Marburger Universität hat selbst zwei Jahre dort gelebt und kennt die Stadt, ihre Menschen und besonders die Mitarbeiter des Museums gut.

Wie gesichert sind die Auskünfte darüber, dass amerikanische Soldaten die Plünderer sogar zur Tat ermuntert haben?

Nach über zwanzig Jahren Erfahrungen im Irak weiß ich, wer zuverlässig ist und wem ich glauben kann. Ich habe Anwohner und die Mitarbeiter des Museums befragt, so dass ich mir sicher bin, dass diese Beobachtungen zutreffen.

Waren da organisierte Banden beteiligt?

Das muss alles recht durcheinander gegangen sein. Alle haben mit Chaos gerechnet. Da konnten natürlich die „Willigen“ auf ihre Chance warten. An der Universität beispielsweise ist eine archäologische Bibliothek nicht abgebrannt – aber die wichtigsten und wertvollsten Bücher sind verschwunden. Man muss davon ausgehen, dass sich gezielt Leute darunter gemischt haben, die wussten, was sie wollten. Auch im Museum muss es Profis gegeben haben. Das ist daran zu sehen, dass sie Nachbildungen haben stehen lassen – die kann nur ein Fachmann erkennen.

Wer könnte es denn gewesen sein?

Vom Museum sicherlich niemand. Die lieben ihre Arbeit und helfen jetzt, ohne dafür bezahlt zu werden. Vielleicht sind es diejenigen, die seit zehn Jahren den Antikenraub im Irak organisieren, der ganze Süden wird auseinander genommen. Nach zehn Jahren hat man da eine Menge Knowhow. Man müsste das Strafrecht aktivieren, damit diese internationalen Hehler belangt werden: Hausdurchsuchung, Beschlagnahmung, strikte Strafen. Die Kriminalisierung dieses Marktes müsste her – aber das wird nicht geschehen. Im Gegenteil, das soll liberalisiert werden.

Und wer ist das?

Auf jeden Fall sind es sehr gut international organisierte Verschieberringe. Solange man mit Antiquitäten so viel wie oder noch mehr Geld als mit Rauschgift verdienen kann, lassen die sich was einfallen.

Wie ist das jetzt mit dem berühmten Goldschatz? Ist er nun noch da oder nicht?

Die Zentralbank war eine Woche lang Freibeute für jedermann. Die haben die Tresore aufgebrochen, gebrandschatzt, geplündert. Ob die in den Haupttresor reingekommen sind, weiß niemand mit Sicherheit. Jetzt sichern die Amerikaner die Zentralbank.

Das heißt, die Einzigen, die über den Goldschatz Bescheid wissen, sind die Amerikaner?

Ja. Aus dem Museum weiß es niemand, obwohl ein amerikanischer Verantwortlicher da ist, der sich darum kümmern soll, die Schäden zu beheben und die Objekte möglichst wieder zu beschaffen.

Das Gespräch führte Stephanie Nannen.

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