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Nur ein Geste?: Hoffen auf Abbas-Besuch in Washington

Die Palästinenser sind skeptisch vor dem Besuch von Präsident Abbas in Washington. Dort werden unter anderem Neuwahlen ein Thema sein.

Berlin - Beim Antrittsbesuch des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Washington am heutigen Donnerstag wird es weniger Spannungen geben als vor zehn Tagen, als der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erstmals US-Präsident Barack Obama traf. Abbas’ zentrales Anliegen ist das Ende des israelischen Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten. Damit rennt Abbas in Washington offene Türen ein. Obama selbst fordert einen kompletten Stopp des Siedlungsbaus, konnte sich aber beim Treffen mit Netanjahu, der einer rechtsgerichteten Koalition vorsteht, bisher nicht durchsetzen. Die Palästinenser wollen aber nicht mit Israel verhandeln, solange weitere Teile ihres Landes von israelischen Ansiedlungen aufgefressen werden.

Spannend wird sein, was Abbas dem US-Präsidenten im Hinblick auf eine Versöhnung der politischen Bewegungen von Fatah und Hamas zu berichten hat. Diese ist bisher gescheitert, so dass Abbas letzte Woche den alten Premier Salam Fayyad zum neuen Premier machte, um eine Regierung in der Westbank vorweisen zu können – als Ansprechpartner für Geldgeber und die internationale Politik. Der jüngste Vorschlag der vermittelnden Ägypter sieht nun eine gemeinsame Kommission vor, welche die Arbeit der Regierung in der Westbank und die Hamas-geführte Regierung in Gaza koordinieren soll. Mit dem Ziel, Wahlen vorzubereiten, die turnusgemäß im Januar 2009 stattfinden müssten, wenn die Amtszeit von Parlament und Präsident ausläuft. Noch ist unklar, ob Abbas auf Wahlen dringen wird. Deutlich ist aber, dass die USA derzeit keine Wahlen wünschen, weil sie einen Sieg der islamistischen Hamas fürchten.

Der palästinensische Analyst Khalil Shikaki, der gerade eine Woche in Washington zu politischen Gesprächen mit der Obama-Regierung verbrachte, sieht hier das größte Problem: „Eine Regierung der nationalen Einheit wird es nicht geben, daher sind Neuwahlen der einzige Weg, um aus der Sackgasse zu kommen.“ Bei seinen Gesprächen in Washington sei aber deutlich geworden, dass die USA Wahlen derzeit ablehnen. Er glaubt, dass weder Fatah noch Hamas es sich leisten können, neue Vorschläge wie den der Ägypter abzulehnen, die auf die Wiederherstellung der palästinensischen Einheit zielen. Shakiki, der ein anerkanntes Politik- und Umfrageninstitut in Ramallah leitet, weiß aus einer noch nicht veröffentlichten Umfrage, dass 90 Prozent der Palästinenser die Entzweiung der politischen Führung als „unerträglich“ und Hauptproblem ansehen. Dies zwinge beide Seiten dazu, sich kompromissbereit zu zeigen, weil sie sonst bei späteren Wahlen abgestraft würden. Ein Hamas- Sieg sei nicht ausgemacht – allerdings seien etwa 20 Prozent der Wähler unentschlossen und könnten in letzter Minute für Hamas stimmen – beispielsweise wenn Netanjahu den Kurs von Abbas weiter torpedieren würde.

Trotz aller Gesten Obamas in Richtung islamische Welt ist Shakiki, der an verschiedenen US-Universitäten gelehrt hat, nach seinen Gesprächen in Washington skeptisch, ob der US-Präsident in der Frage des Siedlungsbaus ausreichend Druck ausüben wird. Dabei habe es dafür selten so viel Rückhalt wie heute gegeben. „Selbst die stärksten Israel-Freunde im Kongress sehen den Siedlungsbau als falsch an.“ Die größte jüdische Lobby Apac unterstütze einen Siedlungsstopp, auch die Organisation „J-Street“, die politische Heimat einiger Obama-Berater, unterstütze eine härtere Gangart gegenüber Israel in dieser Frage. Damit habe Obama den Rückhalt, „etwas hart“ zu sein. Beunruhigend fand Shakiki allerdings, dass die neue Regierung anscheinend „Zweifel“ habe, ob sie sich wirklich durchsetzen könne. Den von Netanjahu vorgeschlagenen Abbau der selbst nach israelischem Recht illegalen Vorposten im Gegenzug dafür, dass die Großsiedlungen weiter wachsen, sei Augenwischerei und für die Palästinenser inakzeptabel. „Der Siedlungsbau tötet den palästinensischen Traum von einer Zwei-Staaten-Lösung.“

Der Nahostkonflikt stellt nach Ansicht Shakikis keine Priorität der USA dar. Vielmehr solle er nicht das Hauptziel der neuen Regierung behindern, ihre Beziehungen zur islamischen Welt zu verbessern, um Rückhalt für die Politik in Afghanistan, Irak und gegen Iran zu gewinnen. Er fürchtet, dass Obama auch in seiner Rede in Kairo am 4. Juni keine konkreten Vorschläge machen wird.

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