zum Hauptinhalt

Politik: Nur gemeinsam stark

Die SPD will die Einigung mit den Gewerkschaften. Doch die bleiben bei der Kritik an den Reformen

Von

Berlin - Es war eine Geste, doch für die SPD-Spitze dürfte sie durchaus wertvoll sein: Der Deutsche Gewerkschaftsbund will den neuen Initiativen für eine Linkspartei keine infrastrukturellen Hilfen geben. SPD-Chef Franz Müntefering und DGB-Chef Michael Sommer heben diesen Aspekt beide hervor, nachdem der SPD-Gewerkschaftsrat am Montagabend im Willy-Brandt-Haus zu Ende ist. Meuternde Gewerkschafter, die Neugründung einer Partei – das wollen beide Seiten nicht.

Die Annäherung kann nicht verdecken, dass viele Konfliktpunkte bleiben, ob nun zu den Arbeitsmarktreformen oder zum Ausbildungspakt. Vor allem die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe inklusive verschärfter Zumutbarkeit und Anrechnung von Vermögen macht die Funktionäre des Deutschen Gewerkschaftsbundes sauer. „Mit Hartz IV wird ein großer Teil unserer Mitglieder in die Armut geschickt“, sagen sie.

Sommer indes hebt hervor, dass der Dialog zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaftern bestehen bleiben muss. Ein „ernstes Gespräch“, sagt er, nachdem die Spitzengewerkschafter drei Stunden lang mit der SPD-Spitze im Willy-Brandt-Haus beisammen gesessen haben. „Beide Seiten haben Probleme, nicht nur miteinander, sondern auch mit sich selbst.“ Das ist ein bemerkenswertes Eingeständnis. Auch Müntefering beschwört die Partnerschaft. Die Arbeiterbewegung dürfe „nicht zerfasern“, sagt der SPD-Vorsitzende. Er fügt hinzu: Arbeiterbewegung, das werde man wohl doch auch nach „ernsthafter Debatte“ noch sagen dürfen.

Die Furcht, der wichtigste gesellschaftliche Bündnispartner könne verloren gehen, hat die SPD-Spitze nicht zur Abkehr von der Agenda gebracht. Sie hat aber zur Einsicht geführt, dass jeder scharfe Ton die Krise eskalieren lassen könnte. Wie SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter verbreiten Spitzen-Genossen seit Tagen deshalb nicht nur beschwörende Appelle, sondern suchen nach Themen, für die beide Partner gemeinsam Lösungen entwickeln können, um ihr Verhältnis wieder zu verbessern. Deshalb wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe für die Probleme des Niedriglohn-Bereichs eingerichtet. Sie gilt als so wichtig, dass auch Benneter darin mitarbeitet.

Was Parteistrategen intern analysieren, spricht am Montag Michael Müller, Sprecher der Parlamentarischen Linken, offen aus: Nicht nur die SPD stecke „in einer ernsten Krise“, auch die Gewerkschaften seien keineswegs besser dran. Schließlich gebe es „noch mehr Gewerkschaftsaustritte als Austritte aus der SPD“. Müller zieht daraus den Schluss, dass nur das gemeinsame Arbeiten für eine soziale Gesellschaft unter den Bedingungen der Globalisierung der SPD und den Gewerkschaften helfen könne. Fehler räumt er ein und mahnt: „Ich möchte nicht, dass die politische Linke in Deutschland ein zweites Mal versagt.“

Die Ankündigung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, einen „New Deal“ für den Arbeitsmarkt anzustreben, deutet nach Ansicht von Gewerkschaftern auf Bewegung in der SPD hin. Clement sagt im Deutschlandfunk, zu den Arbeitsmarktreformen der Regierung (Hartz IV) „gehört natürlich, dass Arbeitsplätze angeboten werden“. Insbesondere in Ostdeutschland sollten „kommunale Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden“. Diese Ankündigung soll Signal an die Gewerkschaften sein. „Es muss etwas passieren, was in unsere Richtung passt“, sagt ein Funktionär. der sich von der SPD zumindest eine leichte Richtungsänderung erhofft.

Eine Möglichkeit, den Gewerkschafterzorn über die Agenda 2010 zu besänftigen, wäre die Ausbildungsabgabe gewesen. Doch die hat die rot-grüne Regierung vor einigen Wochen einem Ausbildungspakt mit der Wirtschaft geopfert. „Die Themen sind weg, jetzt will uns die SPD zwingen, ihren Reformkurs zu unterstützen“, grummelt ein Gewerkschafter. Nun soll wenigstens das Gespräch mit Betriebs- und Personalräten verstärkt werden, wie Müntefering am Montagabend ankündigt.

Differenzen wie zwischen dem Schröder-Freund Hubertus Schmoldt von der Chemiegewerkschaft und Verdi-Chef Frank Bsirske seien rein rhetorischer Natur, heißt es in Gewerkschaftskreisen. „Jedes Foul provoziert ein RevancheFoul. Diese Lust am Eskalieren muss ein Ende haben“, klagt ein Gewerkschafter über die jüngste Attacke von Kanzler Gerhard Schröder gegen Bsirske. Im Übrigen sei weniger das Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaftern das Problem, sondern „die fundamentale Kritik innerhalb der SPD“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false