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Politik: Nur nicht zu rot

"Es ist nun mal so." Die rot-roten Koalitionäre in Berlin haben sich eben geeinigt, doch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) verzichtet auf Beifall zur Regierungsbildung in der Hauptstadt.

Von Matthias Meisner

"Es ist nun mal so." Die rot-roten Koalitionäre in Berlin haben sich eben geeinigt, doch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) verzichtet auf Beifall zur Regierungsbildung in der Hauptstadt. Für ihn ist das nur eine "nüchterne Sachentscheidung". Viel zu kommentieren gebe es nicht, meint er lakonisch.

Dass ausgerechnet Höppner, der seit 1994 die Zusammenarbeit von SPD und PDS in seinem Bundesland forciert hat, so zurückhaltend bleibt, ist kein Zufall. Denn der Ministerpräsident ist, gut drei Monate vor der Landtagswahl in seinem Bundesland, nervös. Kurz vor Weihnachten prognostizierte das Meinungsforschungsinstitut Dimap für die SPD einen Stimmenanteil von 31 Prozent im Land, fünf Prozentpunkte weniger als 1998. Die CDU, vor vier Jahren mit 22 Prozent weit abgeschlagen, legte derweil um 13 Punkte auf 35 Prozent zu. Konstant würde sich nach dieser Befragung die PDS bei rund 20 Prozent halten. Höppner selbst sagt inzwischen, die bevorstehende Wahl werde "zur schwierigsten, die wir seit 1990 zu bestehen hatten". Zuversicht sei verloren gegangen, viele seien unzufrieden.

Dass Sachsen-Anhalt noch immer die schlechteste Arbeitslosenstatistik aller Bundesländer hat, hohe Schulden macht und die Wirtschaft nicht auf Trab bringt, macht die Sache nicht besser. Zwar nennt es Höppner angesichts der konjunturellen Entwicklung in allen neuen Ländern schon einen "guten Erfolg", dass die Arbeitslosenzahl insgesamt zurückgegangen ist. Doch er ahnt, dass ihm die Opposition dennoch die Zahlen im Wahlkampf um die Ohren hauen wird. Selbst die PDS, die Höppners Regierung seit 1994 toleriert, versucht inzwischen, sich von der SPD-Minderheitsregierung abzusetzen. "Realitätsverlust" bescheinigt die PDS dem Ministerpräsidenten - auch wenn "die PDS nicht mehr unschuldig ist", wie die Landesvorsitzende Rosemarie Hein hinzufügt.

SPD-Landeschef Rüdiger Fikentscher spricht unumwunden von einer "sehr großen" Verunsicherung der Wähler. Er bestreitet auch nicht, dass sich diese Stimmung längst auch auf viele seiner Leute übertragen hat, diejenigen also, die in den nächsten Wochen in den Wahlkampf ziehen müssten. Doch wofür? Aussagen über eine mögliche Koalition vermeiden alle SPD-Oberen so gut es geht - der Rot-Rot abgeneigte Innenminister Manfred Püchel hat dieses Verdikt in der Landespartei durchgesetzt. Sowohl für die PDS wie für die SPD ist aber klar, dass die Minderheitsregierung nicht fortgesetzt werden soll. Ein neuer Tabubruch wäre eine rot-rote Koalition nach Mecklenburg-Vorpommern und Berlin längst nicht mehr. Fikentscher hebt über die Zusammenarbeit mit der PDS hervor: "Man kennt sich ausgesprochen gut." Auch Höppner würde sich von Gerhard Schröder - selbst wenige Monate vor der Bundestagswahl - nicht einschüchtern lassen: "Dass ich Angst vor dem Kanzler haben sollte, wäre nicht sehr glaubwürdig."

Das muss als Andeutung genügen. Mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung seien noch "einige harte Einschnitte" nötig, sagt Höppner zu möglichen Hürden für Rot-Rot. Den Bürgern derweil möchte der Regierungschef vermitteln, dass das "Leben im Wettbewerb der Marktwirtschaft" zuweilen schwieriger sei als "in der Wohnküche einer sozialistischen Gesellschaft".

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