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Politik: Nur zur Sicherheit

Berlin - Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden in Deutschland, unter der Federführung des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily (SPD), die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zum 1.

Von Michael Schmidt

Berlin - Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden in Deutschland, unter der Federführung des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily (SPD), die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zum 1. Januar 2002 deutlich ausgeweitet. Nie zuvor in der bundesdeutschen Geschichte waren Gesetze von solcher Dimension und solchen Auswirkungen wie die sogenannten Sicherheitspakete oder Anti-Terrorgesetze – auch als Otto-Katalog I und II bekannt – so schnell verabschiedet worden.

In Reaktion auf den Terror wurde die Sicherheitsarchitektur der Republik fundamental verändert. Die Geheimdienste erhielten Kompetenzen, die vorher nur der Polizei zustanden: Sie dürfen nun bei Kreditinstituten, Luftverkehrsunternehmen, Post- und Kommunikationsdienstleistern Datenabfragen und Auskünfte einholen. In Berlin arbeiten Geheimdienste und Polizei zusammen im „Gemeinsamen Terrorismusabwehr-Zentrum“. Der Handy- Verkehr darf kontrolliert werden – mit dem sogenannten Imsi-Catcher sind Kennung und Standort zu ermitteln. Pass und Personalausweis werden künftig neben Foto und Unterschrift weitere biometrische Merkmale enthalten. Das Religionsprivileg wurde aus dem Vereinsgesetz gestrichen, damit können nun auch extremistische islamische Vereine verboten werden. Arbeiter und Angestellte auf Flughäfen oder „sonstigen sicherheitsrelevanten Einrichtungen“ werden verschärft überprüft. Für die Sicherheit an Bord von Flugzeugen sollen „Sky Marshals“ sorgen – bewaffnete Beamte des BGS.

Neuregelungen gab es auch beim Ausländerrecht. Visabestimmungen wurden verschärft, die Ausweisung von Hasspredigern erleichtert. Ausländer sollen so rasch wie möglich ausgewiesen werden, wenn „Tatsachen“ belegen, dass sie einer terroristischen Vereinigung angehören. Der neue Paragraf 129 b im Strafgesetzbuch ahndet auch die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe.

Die Neuregelungen über die erweiterten Kompetenzen der Geheimdienste wurden auf fünf Jahre befristet. Laut Evaluierungsbericht haben sie sich bewährt. Anfang Juli 2006 beschloss das Kabinett der großen Koalition daher, dass die Sicherheitsgesetze weitere fünf Jahre gültig bleiben – und sogar noch ergänzt werden sollen. Danach sollen die Geheimdienste noch leichter als bisher Fluggast-, Konto- und Telefondaten abfragen können. Der Auslandsgeheimdienst BND soll auch im Inland, Verfassungsschutz und MAD sollen künftig nicht nur terroristische Aktivitäten aufklären. Sie dürfen auch bei „sonstigen extremistischen Bestrebungen“ tätig werden. Dies richtet sich gegen Hassprediger und militante Rechtsextremisten. Auch diese neuen Befugnisse werden zunächst auf fünf Jahre befristet. Die Opposition kritisierte die Ausweitung der Terrorgesetze scharf.

Zweimal gab das Bundesverfassungsgericht Kritikern zuletzt recht: Anfang des Jahres erklärte es die Rasterfahndung nach islamistischen Terroristen und das Luftsicherheitsgesetz, das als äußerste Maßnahme zur Terrorabwehr den Abschuss eines Flugzeugs erlaubte, für verfassungswidrig.

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