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US-Präsident Barack Obama traf am Samstag auf seinen südafrikanischen Amtskollegen Jacob Zuma.

© dpa

Update

Obama in Afrika: Kein Treffen mit Nelson Mandela - aber mit seiner Familie

Das Krankenhaus, in dem Mandela seit drei Wochen behandelt wird, liegt nur einen Kilometer vom südafrikanischen Regierungssitz entfernt, wo Obama am Samstagvormittag mit Jacob Zuma zu Gesprächen zusammentraf. Sein politisches Vorbild kann Obama nicht treffen.

Die wichtigste Nachricht platzte herein noch ehe der erste Besuchstag von US-Präsident Barack Obama in Südafrika überhaupt begonnen hatte: Mit großem Bedauern bestätigte das Weiße Haus in einer Pressemitteilung am frühen Sonnabend morgen, dass der amerikanische Präsident sein politisches Vorbild Nelson Mandela auf Wunsch von dessen Familie im Verlauf seiner Visite nicht sehen werde. Zwar hat sich der Gesundheitszustand des Freiheitskämpfers in den letzten 24 Stunden offenbar deutlich verbessert. Allerdings möchte die Familie dem 94-Jährigen angeblich Ruhe zur weiteren Erholung geben. Nachdem Mandela angeblich noch am Mittwoch im Sterben gelegen hatte, scheint es in den letzten 48 Stunden auf fast wundersame Weise wieder bergauf gegangen zu sein. Präsident Jacob Zuma ließ gestern jedenfalls wissen, man hoffe, dass Mandela womöglich schon bald aus dem Krankenhaus entlassen werden könne. Auch seine Ehefrau Graca Machel bestätigte am Sonnabend, dass es Mandela nun "mit jedem Tag etwas besser" ginge.

US-Präsident Barack Obama ist am Samstag in Johannesburg mit Mitgliedern der Familie des schwer kranken südafrikanischen Ex-Präsidenten Nelson Mandela zusammengetroffen. Das teilte das Weiße Haus mit. Das Treffen fand im Nelson Mandela Centre of Memory statt, hieß es. Einzelheiten zu dem etwa 20-minütigen Gespräch wurden nicht genannt. An dem Treffen nahmen auch zwei Kinder und sechs Enkelkinder Mandelas, nicht aber seine Ehefrau Graça Machel teil. Sie bedankte sich in einer Mitteilung für einen Telefonanruf Obamas und die Anteilnahme und Solidarität durch den US-Präsidenten und seine Familie. „Ich bin geschmeichelt durch Ihren Trost und die Botschaft der Bestärkung und Inspiration, die ich Madiba schon übermittelt habe“, so die Ehefrau. Madiba ist Mandelas Clanname.

Trotz der guten Kunde dürfte es für Obama eine Riesenenttäuschung sein, dass der Mann, der ihn nach eigenem Vernehmen wie kein anderer inspiriert hat, ausgerechnet zu seiner ersten längeren Afrikareise derart schwer erkrankt ist, dass sich die beiden nun wohl nie mehr persönlich sehen werden. Dabei liegt das Krankenhaus, in dem Mandela seit drei Wochen wegen einer erneuten schwere Lungenentzündung behandelt wird, nur einen Kilometer vom südafrikanischen  Regierungssitz entfernt, wo Obama am Samstagvormittag mit Jacob Zuma zu Gesprächen zusammentraf. Ein Treffen der beiden mächtigsten schwarzen Männer der Welt wäre zweifellos der absolute Höhepunkt der achttägigen Afrikareise gewesen, die Obama von Senegal über Südafrika nach Tansania führt.

Obama auf den Spuren seines politischen Vorbildes

Allerdings hatte Obama selbst bereits vor seiner Ankunft aus Senegal am Freitag klargestellt, dass er sich Mandela nicht  aufdrängen und eine Entscheidung über eine mögliche Visite dessen Familie überlassen werde. Für Obama mag es tröstlich sein, dass es bereits ein Foto von ihm und Mandela gibt. Es steht heute auf dem Schreibtisch seines Büros im Weißen Haus und wurde bei einer kurzen Zusammenkunft  der beiden vor acht Jahren in Washington geschossen. Eigentlich war Mandela damals nur für eine Spendengala  vor Ort, doch drängten ihn einige Freunde, den jungen schwarzen Senator aus Chicago kurz vor seinem Rückflug ans Kap zu sehen. Beide haben dem Vernehmen nach gute Erinnerungen an das nur sehr kurze Gespräch. Auch telefonierten sie in den Folgejahren, als Mandela aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr außer Landes reisen konnte, angeblich öfter miteinander. 

Auch ohne eine Visite Mandelas dürften die Tage am Kap für Obama ausgesprochen emotional werden, zumal sein Programm den Spuren seines politischen Vorbilds folgt: Am Samstag hielt er am späten Mittag eine Rede auf dem Soweto-Campus der Universität Johannesburg, der in unmittelbarer Nähe von Mandelas einstigem Wohnhaus in dem bekannten Township liegt. Seit der schweren Erkrankung Mandelas halten immer mehr Reisebusse vor seinem einstigen Domizil in der frisch renovierten Vilakazi street. Mandela war hierhin gleich nach seiner Freilassung im Februar 1990 zurückgekehrt aber nur ein paar Tage geblieben, weil der Andrang einfach zu groß wurde. Seitdem lebt er im Norden der Wirtschaftsmetropole Johannesburg in dem vornehmen Stadtteil Houghton. Noch größer ist die Symbolik dann aber bei seinem Besuch auf der Sträflingsinsel Robben Island am Samstag, wo Mandela fast 20 seiner insgesamt 27 Haftjahre verbrachte und in der Einsamkeit und Isolation auch der Mythos um ihn wuchs.

„Die Zukunft des Kontinents liegt in euren Händen“, appellierte Obama bei der Rede an die Studenten. „Denkt an 27 Jahre in Haft, an das Elend und die Kämpfe und daran, weit weg von Familie und Freunden zu sein“, sagte er mit Bezug auf Mandelas Leben. Doch dieser habe niemals aufgegeben.

Vor dem Campus demonstrierten Hunderte gegen Obama

Vor der Universität protestierten rund 300 Menschen gegen Obamas Besuch und die US-Außenpolitik. „Nehmt Obama fest, nicht uns“ und „Wessen Land ist das hier?“ riefen sie. Einige Demonstranten verbrannten US-Flaggen und Bilder des US-Präsidenten. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Blendgranaten und Gummigeschosse ein, um die Menge auseinanderzutreiben, Festnahmen gab es nicht. Als Obamas Konvoi vorfuhr, mussten Polizisten mehrere Menschen zurückhalten.

Allerdings hat Obamas Besuch auch zu Protesten geführt. Nachdem Studenten und Dozenten an der Universität Johannesburg tagelang über die Verleihung der Ehrendoktorwürde an den US-Präsidenten debattierten, kam es gestern aus Anlass der Ehrung zu vereinzelten Demonstrationen radikaler Campusgruppen. Eine obskure Muslimgruppe versuchte wegen Obamas angeblich krimineller Außenpolitik zudem sogar einen Haftbefehl gegen den US-Präsidenten zu erwirken. Allerdings wurde der Antrag von einem Gericht abgelehnt. Der Verband muslimischer Anwälte wirft Obama vor, für den Tod mehrerer Tausend Menschen in Pakistan und Syrien verantwortlich zu sein. Erstaunlich ist, dass es bei der ersten großen Afrikareise von Chinas Präsidenten Xi Jinping im März praktisch keine Proteste gab, obwohl Chinas Menschenrechtsverletzungen und auch seine offene Unterstützung einer Reihe afrikanischer Diktatoren weithin bekannt sind. (mit AFP, dpa)

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