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Bsirske

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Öffentlicher Dienst: Bsirske will "mit Nachdruck verhandeln"

Bei der ersten Tarifrunde zwischen den Gewerkschaften und dem Öffentlichen Arbeitgeber war ein Konsens nicht zu erwarten. Ein Einkommensplus von acht Prozent fordern die Beamten. Für die Arbeitgeber nicht nachvollziehbar.

Der Öffentliche Dienst in Deutschland steht vor einer harten Tarifrunde. Zum Auftakt der Verhandlungen für die 1,3 Millionen Angestellten von Bund und Kommunen beharrten die Gewerkschaften heute in Potsdam auf deutlichen Einkommenserhöhungen mit einem Plus von acht Prozent, mindestens aber 200 Euro. Die öffentlichen Arbeitgeber wiesen dies als nicht verhandelbar zurück. Die Gewerkschaften ver.di und die Tarifunion des Beamtenbundes dbb haben schon mehrfach deutlich gemacht, dass sie bereit sind, für ihre Forderungen auch zu streiken. Dies könnte dann die Müllabfuhr und auch den Personennahverkehr lahmlegen.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske sagte unmittelbar vor Beginn der Runde: "Wir werden mit Nachdruck verhandeln." Die Stimmung in den Betrieben sei brisant und explosiv. Die Leute hätten die Nase voll. Der Vorsitzende der dbb Tarifunion, Frank Stöhr, unterstrich: Nach drei Jahren ohne lineare Erhöhung ist unsere Forderung nach acht Prozent ausgesprochen bescheiden.“ Unterstützung erhielten die Gewerkschaften von SPD-, aber auch CDU-Politikern. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), wies indes die Forderungen mit Verweis auf die Haushaltslage von Bund und Kommunen zurück. "Wir brauchen eine verhandlungsfähige Forderung, dann können wir auch ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen." Zugleich betonte Schäuble, dass die Arbeitgeber auf alle Fälle auch ein Anpassung der Arbeitszeiten erreichen wollten.

Böhle sieht die Gefahr schnellerer Privatisierungen

Der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, warnte, ein zu hoher Abschluss würde die Privatisierung staatlicher Dienstleistungen beschleunigen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, zeigte Verständnis dafür, dass die Mitarbeiter an der konjunkturellen Entwicklung teilhaben wollten. Aber auch er wies die Forderungen als überzogen zurück. Würden sie durchgesetzt, würde dies zu weiterer, verschärfter Konsolidierung und möglicherweise auch zum Abbau von Arbeitsplätzen führen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Die Gewerkschaften sehen nach mehreren Nullrunden und einer inzwischen deutlich besseren wirtschaftlichen Lage einen Nachholbedarf für den öffentlichen Dienst.

Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 12 Monaten haben und auch verbindliche Regelungen zur Übernahme der Auszubildenden enthalten sowie deren Vergütung um 120 Euro anheben. Eine klare Mehrheit von 55 Prozent der Bürger zeigte nach einer Umfrage für den ARD-Deutschlandtrend Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaften. Ein Tarifvertrag für Bund und Kommunen würde seine Wirkung auch auf den mittelbaren Öffentlichen Dienst entfalten und eine Vorgabe geben für die Anpassung der Beamtenbesoldung. Die Länder, die 2005 aus dem Tarifverbund des Öffentlichen Dienstes ausschieden, verhandeln erst im kommenden Jahr. Nach Rechnung von ver.di würden die Forderungen der Gewerkschaften vier Milliarden Euro kosten. Die Kommunen beziffern die Kosten eines derartigen Abschlusses hingegen auf sieben Milliarden.

Wulff: "Arbeitnehmer müssen fair beteiligt werden

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht ebenfalls einen Nachholbedarf bei der Lohnentwicklung. "Die Arbeitnehmer müssen mehr teilhaben an dem, was wir wirtschaftlich als Erfolgsgeschichte schreiben", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". SPD-Fraktionschef Peter Struck wollte zwar die Höhe der Tarifforderungen nicht bewerten, sagte aber in Berlin, er halte es für sinnvoll, Festbeträge für die unteren und mittleren Einkommen zu vereinbaren. Eindeutig äußerte sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der sich für ein spürbares Lohn-Plus aussprach. "Die Arbeitnehmer müssen jetzt in den Tarifverhandlungen an den Produktivitätszuwächsen fair beteiligt werden, damit der Aufschwung bei allen ankommt", sagte er der hannoverschen "Neuen Presse". Die Arbeitnehmer hätten in den vergangenen Jahren große Opfer gebracht. Auch der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmergruppe, Gerald Weiß (CSU), zeigte Verständnis für die Forderungen. Höhere wirtschaftliche Wachstumsraten eröffneten auch andere Spielräume. (hu/dpa)

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