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AUch auf der Facebook-Seite der Bundesregierung gibt es Hass und Hetze.

© dpa/Paul Zinken

Öffentlichkeitsarbeit im Bundespresseamt: Warum die Regierung ihre Facebook-Hetze geheim hält

Auf moderne Internet-Kommunikation mit den Bürgern legt das Kanzleramt Wert. Nur die Schattenseiten soll besser keiner sehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Frau Keppler hat es nicht begriffen. „Krieg ist aber keine Lösung“, kommentiert sie mit vielen Ausrufezeichen den jüngsten Beitrag auf der Facebook-Seite der Bundesregierung zum Syrien-Einsatz. „Liebe Christiane Keppler“, antwortet es beruhigend aus dem Bauch des Bundespresseamts, „haben Sie den Text in Ruhe gelesen?“ Niemand habe behauptet, der Terror lasse sich allein militärisch besiegen. Wie wahr.

So gesittet kann es zugehen im Dialog zwischen Staat und Bürger. Dass und wie es anders geht, davon will die Bundesregierung lieber nicht reden. Denn sie hat dasselbe Facebook-Problem, das alle haben. Was machen wir mit den Kübeln Hass und Hetze, die Nutzer auf der Seite vergießen? Löschen natürlich, und das geschieht vermutlich öfter, obwohl Regierungssprecher Steffen Seibert mit Plüschaugen in die Kamera flötet, man möge doch einen sachlichen Ton bewahren. Nutzer schlagen über die Stränge, hier wie überall. Nur wie? Wie oft? wie viele?

Immer im Einsatz. Regierungssprecher Steffen Seibert und seine Frau Sophia beim Bundespresseball.
Immer im Einsatz. Regierungssprecher Steffen Seibert und seine Frau Sophia beim Bundespresseball.

© dpa

Das wollte die Grünen-Fraktion kürzlich von der Bundesregierung wissen und bekam eine übliche Antwort: Statistiken werden dazu nicht geführt. Das stimmt vermutlich. Niemand erwartet, dass der Staat zu jedem Pipifax Statistiken führt. Aber die Opposition darf erwarten, dass die Regierung ihre Fragen beantwortet.

Selbstverständlich gibt es in der Facebook-Redaktion der Regierung Informationen dazu. Denn Löschen ist das eine. Wenn es aber zu viel wird und die Kommentare in eine strafbare Richtung gehen, werden sie an die Berliner Polizei geleitet. Darüber hätte die Regierung den Grünen problemlos Auskünfte geben können. Aber sie wollte nicht. Könnte einen schlechten Eindruck machen, wenn die Facebook-Präsenz der Regierung als Tummelplatz für rechte Hetze ins Gerede kommt. Da greift man lieber auf den Statistik-Ausredesatz zurück, der zwar nicht falsch ist, aber die Wahrheit verbirgt, die es eigentlich zu sagen gäbe.

„Das Bundespresseamt möchte weder dazu beitragen, dass die für strafwürdig erachteten Beiträge weiterverbreitet werden, noch möchte es die Arbeit der Ermittlungsbehörden erschweren oder gefährden“, heißt es dazu. Löblich. Der Witz ist nur: Laut Auskunft an die Grünen weiß die Regierung gar nicht, ob und welche Verfahren nach ihren Anzeigen geführt werden. Es handelt sich daher um die nächste Ausrede, die niemand glauben muss. Auch würden keine Verfahren gefährdet, wenn die Regierung Hetzbeispiele erläutert oder Zahlen nennt: Das Beweismaterial ist vorhanden. Dass Verdächtige deswegen in die Illegalität abtauchen wäre, sagen wir mal: ungewöhnlich.

Nein, das Team Seibert mit seinen multimedialen Seelenmasseuren soll ohne Spaßverderber sein Informationstagwerk verrichten. Wir sind nett zueinander. Wir haben uns lieb. Anders kann es nicht sein, weil es nicht sein darf.

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