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Politik: Öl und andere Quellen

Gabuns Präsident Omar Bongo gilt als einer der zentralen Figuren in der Affäre um den französischen Konzern Elf – eine Spur führt nach Leuna

Omar Bongo hat wieder einmal Ärger mit Frankreich. In Paris stehen zurzeit 37 Manager und Berater des früheren staatlichen Ölkonzerns Elf Aquitaine wegen Untreue vor Gericht – und immer wieder taucht hier sein Name auf. Bongo ist Präsident des afrikanischen Ölstaates Gabun. Auf seinen Konten landete offenbar ein Teil der etwa 400 Millionen Euro, die in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren aus den Elf-Kassen verschwanden. Auch Politiker anderer Staaten, in denen Elf Aquitaine tätig war oder es werden wollte, wurden offenbar bedacht; bis zur Privatisierung des Konzerns 1994 sollen sich viele der Manager aber nicht zuletzt auch selbst bereichert haben.

Der Kauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie durch Elf ist im dem Pariser Verfahren ebenfalls ein Thema – auch hier führt eine Spur zu Omar Bongo. Aussagen wird der Staatschef in Paris zwar nicht, er selbst machte aber immer wieder Anspielungen, er wisse Einzelheiten über Schmiergeldzahlungen beim Leuna-Deal. So riet er vor kurzem westlichen Journalisten, die ihn zu Elf befragen wollten, sie sollten sich doch lieber mit Leuna befassen. Und in seinem 2002 erschienen Buch „Blanc comme nègre“ beschwert er sich, „dass Helmut Kohl (. . .) geschont worden ist, während Omar Bongo mit Vorwürfen überhäuft wird“.

Durch den laufenden Prozess dürfte er sich in dieser Sicht der Dinge bestätigt fühlen. Denn während über Leuna bisher wenig gesprochen wurde, versuchen einige Elf-Manager, Bongo zu belasten. Der frühere Afrika-Beauftragte des Konzerns etwa, André Tarallo, gab an, mehrere seiner Schweizer Konten habe er in Wirklichkeit für seinen Freund und „Mandanten“ in Gabun eingerichtet. Das Geld sei als eine Art Altersversicherung für den Präsidenten gedacht gewesen. Alles Lüge, wehrt sich dieser jetzt in einem Interview mit der in Frankreich erscheinenden Zeitschrift „Jeune Afrique L‘Intelligent“: „Das ist ein großer Bluff“, gibt der Präsident zu Protokoll. Er selbst sei vielmehr als Strohmann für Tarallo aufgetreten: „Ich habe ihm vertraut. Das war ein Fehler.“

Über Leuna sagt der 67-Jährige in dem mehrseitigen Interview überraschenderweise nichts. Hat er hier also selbst geblufft? Nicht unbedingt. Bongo war tief in die Finanzmachenschaften des Elf-Konzerns verstrickt. Die rund 40 Millionen Euro, die der deutsche Geschäftsmann Dieter Holzer und der frühere Geheimdienstler Pierre Léthier für „Lobbyarbeit“ in Verbindung mit dem Kauf der Leuna-Raffinerie erhielten, könnten sogar durch seine Hände gegangen sein. Das schließt auch die französische Untersuchungsrichterin Eva Joly nicht aus, die bis 2002 mit Elf befasst war. Ob das Geld später tatsächlich an deutsche Politiker oder Parteien gezahlt wurde, ist bis heute freilich nicht bewiesen. Möglich ist auch, dass die beiden Lobbyisten es behielten oder auf geheime Elf-Konten zurücküberwiesen.

Dennoch: Die afrikanische Spur steht wie keine andere für das ausgeklügelte System von Geben und Nehmen bei Elf. Zwischen 1990 und 1997, also auch noch nach der Privatisierung des Unternehmens, flossen rund 600 Millionen Francs über Schweizer Konten von André Tarallo an afrikanische Staatschefs. Den Löwenanteil, das ist inzwischen klar, erhielt Bongo. Elf schickte auch schon mal einen Firmenjet, um Bongos Kinder nach Paris zum Zahnarzt zu fliegen.

Französische und Schweizer Ermittler brachten noch mehr Details der „Afrika-Connection“ ans Tageslicht. Ein Teil der Provisionen, die Bongo dafür erhielt, dass er Elf ungestört die gabunischen Ölvorkommen ausbeuten ließ, floss demnach nach Frankreich zurück – in die Kassen französischer Parteien und prominenter Politiker. Auch Roland Dumas, der frühere und spätere Präsident des französischen Verfassungsrates, behauptete in einem Korruptionsverfahren gegen ihn, „Honorare“ in Millionenhöhe von Bongo erhalten zu haben.

Gabuns Präsident half Elf offenbar auch, schmutziges Geld zu waschen: Die Genfer Justiz wurde vor einiger Zeit auf ein Konto bei der Canadien Imperial Bank of Commerce in Genf aufmerksam, von dem 1,5 Millionen Dollar auf ein Lausanner Konto des früheren Elf-Managers Alfred Sirven überwiesen wurden. Absender war der Ehemann der Gabuner Botschafterin in Bern, der wiederum angab, in Bongos Auftrag zu handeln. Über ähnliche Kanäle könnten auch die Leuna-Millionen geflossen sein, die nachweislich von einem Schweizer Konto kamen.

Bongo war über die Ermittlungen nicht erfreut und machte seinem Ärger auch in einem Zeitungsartikel Luft: „Was ist denn Frankreich?“, schrieb der Präsident unter seinem auch in Paris wohl bekannten Pseudonym Makaya in einer gabunischen Zeitung. „Eine mittlere Macht, die nur existiert, weil sie sich an Deutschland klammert, das sie immer auf allen Ebenen geschlagen hat. Aber ich will lieber nicht alles auspacken.“

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