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Politik: Ölpreis-Debatte: Der CSU-Politiker Beckstein schürt den Streit unter Unionsparteien - doch die verbreiten eitel Harmonie

Die einen halten es für einen ganz raffinierten Schachzug und die anderen für schiere Dusseligkeit. Was Günther Beckstein geritten hat, als er am Wochenende den gerade erst ausgerufenen Geschwisterfrieden zwischen CDU und CSU störte, darüber gibt es in beiden Parteien sehr unterschiedliche Auffassungen.

Von Robert Birnbaum

Die einen halten es für einen ganz raffinierten Schachzug und die anderen für schiere Dusseligkeit. Was Günther Beckstein geritten hat, als er am Wochenende den gerade erst ausgerufenen Geschwisterfrieden zwischen CDU und CSU störte, darüber gibt es in beiden Parteien sehr unterschiedliche Auffassungen. "Wir lassen uns vom Harmonieterror nicht länger einschränken. Die CSU muss wieder mehr auf eigene Rechnung agieren" - so zitierte das Magazin "Focus" den Christsozialen. Erst eine Woche vorher war beim Strategiegipfel der Union in München genau die gegenteilige Parole ausgegeben worden: Harmonie herrschte demnach zwischen den Schwesterparteien, seit die CDU mit ihrer Anti-Ökosteuer-Kampagne den rechten Oppositionston auch für bayerische Ohren getroffen hatte.

Becksteins Ausfall löste denn auch umgehend lange Telefonate aus: CDU-Chefin Angela Merkel erkundigte sich bei CSU-Chef Edmund Stoiber, was dies denn solle. Unionsfraktionschef Friedrich Merz rief gleich zwei Mal in München an und, so Merz am Montag früh immer noch leicht empört, verbat sich solche öffentlichen Belehrungen.

Die Anrufe taten ihre Wirkung. Am Montag bekundeten die Spitzenleute beider Parteien, sie wüssten auch nicht so recht, was Beckstein gemeint habe. Die "Sinnhaftigkeit" der Attacke erschließe sich ihr nicht, bekundete Merkel. Sie habe den Eindruck gehabt, dass es Stoiber genau so ergangen sei. CSU-Fraktionschef Alois Glück wählte - Zufall oder nicht - die gleiche Formel: Es sei völlig überflüssig, dass sich CDU und CSU in solcher Form miteinander beschäftigten; der Sinn einer solchen Strategie erschließe sich ihm nicht.

Tatsächlich kam Becksteins Kritik, am Rande einer CSU-Klausur in der idyllischen Abgeschiedenheit des Klosters Banz geäußert, gewissermaßen zu spät: Sie stammt noch aus der Zeit, als die CSU nur mit mühsam verhaltenem Grollen auf das blickte, was die große Schwester in Berlin bot. Merkel erschien vielen Christsozialen als viel zu weich und zu wenig aggressiv gegen die Regierung. Merz, dem in München ein Teil der Schuld an dem Steuerreform-Desaster vom 14. Juli angelastet wurde, galt manchem als glatte Fehlbesetzung. Aber seit Merz in der Haushaltsdebatte im Bundestag unter Beweis gestellt hat, dass er auch mal plump draufhauen kann, und seit Merkel und ihr General Ruprecht Polenz gegen die Öko-Steuer mobil gemacht haben, hat sich einiges von dieser Kritik erledigt.

Spitzenpolitiker beider Parteien neigen denn auch eher dazu, Becksteins Attacke für eine Panne zu halten und weniger für eine gezielte Provokation nach dem Motto: Nur jetzt nicht müde werden, liebe CDU-Schwestern und -Brüder! Stoibers Staatskanzleichef Erwin Huber jedenfalls ging am Montag mit der Drohung in die Präsidiumssitzung seiner Partei, "Nachschlagen" werde auch im Sport hart bestraft. In der Sitzung war von Strafe dann freilich keine Rede mehr, schon weil Beckstein gar nicht da war. Der Streit, berichten Teilnehmer, sei gar nicht angesprochen worden.

Bei der CDU-Spitze in Berlin war das Thema auch rasch abgehakt. Man hat dort andere, dringendere Sorgen. Zum Beispiel die Frage, wie sich denn die unionsregierten Bundesländer im Bundesrat verhalten sollen, wenn die Regierung ihr Benzinpreis-Entlastungspaket vorbringt. Die Generallinie stand rasch fest und wurde von Merkel auch verkündet: Unzureichende "Flickschusterei" seien Entfernungspauschale und Heizkosten-Zuschuss. Es bleibe dabei: Die Ökosteuer müsse weg. Aber natürlich sehen gerade die Vertreter der Flächenländer, dass auch ihre Pendler zu den von der Regierung geplanten zehn Pfennigen mehr pro Kilometer nicht unbedingt Nein sagen würden. So setzt nun mancher darauf, dass auch SPD-Ländern das Drei-Milliarden-Mark-Paket schwer im Magen liegen wird, von dem sie gut die Hälfte bezahlen müssten.

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