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Politik: Ölpreis: Timing ist alles

Im Umgang mit dem heiklen Öl-preis-Thema entdeckt die rot-grüne Koalition eine alte Tugend neu: Die Langsamkeit. Am heutigen Freitag sollte eigentlich ein Paket von Entlastungsmaßnahmen fertig sein.

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Im Umgang mit dem heiklen Öl-preis-Thema entdeckt die rot-grüne Koalition eine alte Tugend neu: Die Langsamkeit. Am heutigen Freitag sollte eigentlich ein Paket von Entlastungsmaßnahmen fertig sein. Aber selbst das Finanzministerium, um rasche Lösungen bisher nicht verlegen, drosselt die Geschwindigkeit. Von Anfang nächster Woche ist jetzt die Rede. Der Tempowechsel ist keineswegs nur der Tatsache geschuldet, dass das Nachdenken und Nachrechnen Zeit braucht. Es ist auch Folge eines internen Durcheinanders in der rot-grünen Koalition.

Von "massiven Kommunikationspannen" reden Kenner der Abläufe. Schon vorige Woche war den Spitzen von SPD und Grünen klar gewesen, dass die Regierung auf die hohen Ölpreise und die Anti-Ökosteuer-Kampagne der Union reagieren musste. Über die von Kanzler Gerhard Schröder in der Haushaltsdebatte angekündigten "sozialen Korrekturen" herrschte rasch Einigkeit: Winterhilfe für Mieter, Umwandlung der Kilometer- in eine (obendrein höhere) Entfernungspauschale. Einigkeit bestand aber auch, nicht zu früh vorzupreschen. Besonders Kurt Beck (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, drang auf Zeitgewinn: Er muss Ende März seine Landtagswahl bestehen. Kommt die Entlastung zu früh, könnte sie vergessen sein, wenn Benzin und Diesel mit der nächsten Ökosteuer-Stufe am 1. Januar um sieben Pfennig teurer werden. Möglichst spät im Jahr gegensteuern, lautete die Parole.

Anfang dieser Woche jedoch wurden die Pläne zur Entfernungspauschale publik - und die Sache bekam Eigendynamik. Während SPD-Fraktionschef Peter Struck und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering noch ahnungslos alles leugneten, hatte ein nervös gewordenes rot-grünes Krisen-Team aus Kanzler, Finanz-, Außen- und Umweltminister schon entschieden, nun doch zügig zu reagieren. Eichel bot an, bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch konkrete Vorschläge zu präsentieren.

Mittwoch früh aber intervenierten Struck und Müntefering bei Eichel und Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier. Sie forderten Entschleunigung. Mit Erfolg. Zwar trifft sich eine rot-grüne Spitzenrunde am Freitagmittag; zwar trifft sich - lange bekannt und vereinbart - Schröder am Abend mit den Chefs der Autokonzerne. Aber fertige Lösungen sollen noch nicht präsentiert werden. "Von sich aus", heißt es betont unaufgeregt in der Regierung, werde Schröder bei den Autobossen das Benzinpreis-Thema gar nicht ansprechen.

Lösungen im Detail müssten ja auch, heißt es jetzt, erst einmal mit den Fraktionen besprochen werden. Die tagen am Dienstag. Für eben diesen Tag haben die Spediteure ihre große Brummi-BummelSternfahrt ins Berliner Regierungsviertel angekündigt. Die nächste subtile Taktik Frage für die Koalitionäre lautet darum: Verkünden wir unsere guten Botschaften vor der Demo, während der Demo oder erst danach?

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