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Politik: Österreich: Im Abseits

Der Polizeieinsatz in Genua beim G-8-Gipfel hat in Österreich ein heftiges politisches Nachspiel. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hat sich mit Innenminister Ernst Strasser (beide ÖVP) überworfen.

Der Polizeieinsatz in Genua beim G-8-Gipfel hat in Österreich ein heftiges politisches Nachspiel. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hat sich mit Innenminister Ernst Strasser (beide ÖVP) überworfen. Opposition und Medien fordern den Rücktritt Ferrero-Waldners, weil diese zur Diskreditierung der Demonstranten einige geheime Polizeidaten an die Öffentlichkeit getragen und mit den Sicherheitsorganen Berlusconis gemeinsame Sache gemacht habe. Und noch immer sitzen 17 Mitglieder der Wiener "VolkxTheaterKarawane" in italienischen Gefängnissen. Ihnen werden unter anderem schwerer Landfriedensbruch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Ferrero-Waldner hatte die sozialkritische, aktionistische Straßentheatergruppe, offenbar ohne genaue Prüfung der Geschehnisse in Genua, zum Lager der Gewalttäter gezählt. Bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Außenminister Ruggiero sagte Ferrero-Waldner unter ausdrücklichen Verweis auf Daten des Innenministeriums, "einige" der Inhaftierten seien "in Österreich bereits durch Störung der öffentlichen Ordnung und Hausbesetzungen aufgefallen und einschlägig vorgemerkt". Als das Innenministerium entgegnete, die Inhaftierten seien "unbescholten", beschuldigte Ferrero-Waldner ihren Parteifreund Strasser im Fernsehen, ihr "dubiose Daten" mitgeteilt zu haben. Der Krach mit Strasser war perfekt.

Die Opposition - hinter vorgehaltener Hand auch Kreise im Innenministerium - kritisieren, Ferrero-Waldner hätte die Polizeivermerke aus Datenschutzgründen nicht öffentlich machen dürfen. Auch habe sie ihre Landsleute im Beisein des italienischen Außenministers belastet, statt ihnen zu helfen. Zudem bedeute eine "Vormerkung" im Polizeicomputer nur, dass gegen die Betreffenden Anschuldigungen erhoben worden seien, nicht aber, ob diese auch zuträfen. Weil sich eine Reihe dieser "Vormerkungen" auf die allwöchentlichen Donnerstagsdemonstrationen gegen Österreichs Regierung beziehen, beschuldigt der Grünen-Europaabgeordnete Johannes Voggenhuber die Außenministerin, ihr sei es "offensichtlich recht gewesen, dass diese Regierungsgegner in einem italienischen Gefängnis verschwinden". Ferrero-Waldner fand sich erst nach öffentlicher Kritik bereit, in Rom zugunsten der Verhafteten zu intervenieren.

Voggenhuber war denn auch der erste und bisher einzige österreichische Politiker, der die Gefangenen in Italien besuchte. Er berichtet von Misshandlungen, denen seine Landsleute ausgesetzt gewesen seien. Bei einer Durchsuchung ihres Busses hatte die Polizei Gasmasken, Messer, Stöcke und "Brandbombenbestandteile" gefunden. Die Theatergruppe gibt an, es habe sich um Requisiten für ihre Straßenaktionen gehandelt, zu denen auch Jonglieren mit Keulen und Feuerschlucken gehöre. Der für die Verhängung der Haft zuständige italienische Untersuchungsrichter berichtete, er habe nichts davon gewusst, dass die Österreicher einer Theatergruppe angehörten.

Fast zwei Wochen nach den Vorfällen von Genua, entschloss sich Ferrero-Waldner nun, sich "empört über die unentschuldbare, entwürdigende Behandlung" der Österreicher zu zeigen. Der amtierende Generalsekretär im Außenministerium soll nun in Rom vorstellig werden.

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