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Politik: Offensive gegen Muslimbrüder Mehr als 200 Festnahmen in Ägypten

Kairo - Während das ägyptische Regime umstrittene Verfassungsänderungen durchboxt, ist eine der größten Kampagnen gegen die Muslimbrüder seit Jahren angelaufen. Die Regierung von Präsident Hosni Mubarak hat in den vergangenen Wochen mehr als 200 Mitglieder der islamistischen Organisation festnehmen lassen.

Kairo - Während das ägyptische Regime umstrittene Verfassungsänderungen durchboxt, ist eine der größten Kampagnen gegen die Muslimbrüder seit Jahren angelaufen. Die Regierung von Präsident Hosni Mubarak hat in den vergangenen Wochen mehr als 200 Mitglieder der islamistischen Organisation festnehmen lassen. Darunter erstmals auch fünf bekannte Geschäftsleute und den Finanzchef der Organisation, Khairat al-Schater.

Der stellvertretende Führer der Organisation, Mohammed Habib, bezeichnete die Kampagne als „Ablenkungsmanöver“ von den Verfassungsänderungen, welche das Regime durchsetzen will. Die politische Opposition solle mundtot gemacht und die Machtübergabe an den Sohn von Präsident Hosni Mubarak vorbereitet werden, sagt Habib im Büro der Organisation auf der Insel Manial in Kairo. Islamisten und linke Kritiker befürchten, dass die Anti-Terrorgesetze, welche den Ausnahmezustand ablösen sollen, die Grundrechte der Bürger weiter aushebeln. Den aufmüpfigen Richtern soll die Kontrolle über Wahlen entzogen werden, die Zahl der Amtszeiten des Präsidenten soll unbeschränkt bleiben. Als Antwort auf die Kampagne haben die Muslimbrüder ihren nächsten Schachzug vorbereitet: Sie wollen in den kommenden Wochen ein politisches Parteiprogramm vorstellen, obwohl sie nach derzeitiger Rechtslage als Partei „auf religiöser Grundlage“ niemals eine Zulassung bekämen. „Damit wollen wir die Kritik entkräften, wir würden unsere Vorstellungen absichtlich im Unklaren lassen“, sagt Habib.

Anfang Januar hatte Mubarak den Ton vorgegeben, indem er davor warnte, dass die Muslimbrüder eine „Bedrohung für die Sicherheit Ägyptens“ darstellten. Sollte die verbotene Organisation an die Macht kommen, würde Ägypten isoliert dastehen, Investitionen würden ausbleiben und die Arbeitslosigkeit würde steigen, sagte Mubarak in indirekter Anspielung auf das Schicksal der Palästinenser nach dem Wahlsieg der Hamas. So scharfe Worte hat Mubarak selten benutzt im Hinblick auf die politischen Widersacher. Obwohl offiziell verboten, verfügen die Muslimbrüder über 88 von 454 Abgeordneten im Parlament, die Kandidaten traten formell als Unabhängige an. Das Verhältnis des Regimes zu der 1928 gegründeten Organisation ist seit Jahrzehnten von Phasen der Duldung und Verfolgung geprägt.

„Das Regime will die politischen Freiheiten weiter beschränken und hat bei dieser Agenda die USA hinter sich, welche die Islamisten mundtot machen wollen“, glaubt Habib. Der Sieg der islamistischen Hamas in Palästina habe dem Regime gezeigt, dass die Muslimbrüder freie und faire Wahlen gewinnen würden. Die Festnahme der Geschäftsmänner solle den Ruf der Muslimbrüder schädigen und die Leute gegen sie aufbringen, meint Habib. Das Regime hoffe, damit die Aktivitäten der Organisation, die über ein breites soziales Netzwerk verfügt, einzuschränken. „Doch dies wird nicht gelingen, weil für jeden Festgenommenen mehrere neue Mitglieder nachwachsen“, erklärt der freundliche ältere Herr seine Zuversicht.

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